Aktion gegen Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten in Bern

Der Berner Grossrat überwies heute mit 74 : 65 Stimmen (bei sieben Enthaltungen) knapp eine Motion von FDP-Mann Adrian Haas, welche die untere Berner Altstadt in eine Tourismuszone umwandeln will. Damit droht der Sonntag noch mehr zum Arbeitstag zu werden. Gegen diese Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten wehrten sich Angestellte des Detailhandels und die Gewerkschaft Unia mit einer Kundgebung auf dem Rathausplatz.

Die Motion «Untere Altstadt von Bern als Tourismusgebiet anerkennen» von FDP-Grossrat Adrian Haas ist ein weiterer bürgerlicher Angriff auf die Ladenöffnungszeiten. Mit der Annahme des Vorstosses droht, dass die betroffenen Geschäfte auch am Sonntag geöffnet werden. Für das Verkaufspersonal würde das heissen: Auch am Sonntag arbeiten – ohne dass dafür eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen oder Sonntagszuschläge vorgesehen sind.

Das ist für die Verkäuferinnen und Verkäufer sowie für die Gewerkschaft Unia unhaltbar. Mit einer lautstarken und farbigen Aktion auf dem Berner Rathausplatz protestierten heute rund ein Dutzend Betroffene sowie solidarische Personen gegen diese Liberalisierungsbestrebungen. Ihre Forderung ist klar: Der Sonntag muss Sontag bleiben – auch im Detailhandel!

Unzumutbarer Angriff auf Sozial- und Familienleben

Verkäufer Janos Lütold bringt es auf den Punkt: «Unser einziger zugesicherter Ruhetag soll uns auch noch weggenommen werden. Das ist ein weiterer Schritt in der Salamitaktik hin zur 24 Stunden-Konsumgesellschaft, welche es absolut nicht braucht, sondern mit künstlichen Bedürfnissen erschaffen werden soll.» Eine Mutter von mehreren Kindern, welche anonym bleiben möchte, bestätigt: «Die Flexibilität im Detailhandel wird schon jetzt bis aufs Letzte ausgereizt. Jederzeit für die Arbeit auf Abruf erreichbar zu sein, ist unzumutbar. Es erfordert sehr viel Organisation, allen Familienpflichten gerecht zu werden. Bereits jetzt kommt das Familienleben zu kurz. Bisher war der Sonntag der einzige Tag, welcher auch garantiert frei war – und das soll auch so bleiben.»

Salamitaktik der Liberalisierungsturbos stoppen!

Bereits vor fünf Jahren behandelte der Berner Grossrat eine ähnliche Motion von Mathias Tromp (BDP). Diese wurde angenommen, obwohl sie gegen geltendes Recht verstiess. Seither liegt sie auf Eis und kann nicht weiter verhandelt werden. Die aktuelle Motion ist ein weiteres Beispiel für die Salamitaktik, mit welcher die bürgerlichen Liberalisierungsturbos versuchen, immer längere Ladenöffnungszeiten durchzudrücken, gegen den Willen des Verkaufspersonals sowie vielfach der Stimmbevölkerung.

Die Unia wird sich, auch im Rahmen der Sonntagsallianz, weiterhin gegen Angriffe auf den Sonntag und die Arbeitsbedingungen des Verkaufspersonals einsetzen.