Hauswirtschaft

Immer mehr Menschen arbeiten in Schweizer Haushalten, zum grössten Teil Frauen. Oft leben sie in sehr prekären Verhältnissen. Seit 2011 schützt sie zwar ein verbindlicher Mindestlohn, doch die Gefahr der Ausbeutung ist gross: es gibt keine verbindliche Regulierung der Arbeitsbedingungen.
Immer mehr Familien in der Schweiz beschäftigen Angestellte im Haushalt – zum Teil zu sehr prekären Arbeitsbedingungen. Denn für Anstellungsverhältnisse in Privathaushalten gilt das Arbeitsgesetz nicht. Neben dem Schweizer Obligationsrecht bestehen aber Regelungen, die zum Teil verbindlich und zum Teil unverbindlich sind:
- Auf Bundesebene gibt es einen Normalarbeitsvertrag (NAV), der die Löhne für die ganze Schweiz verbindlich regelt.
- Die restlichen Arbeitsbedingungen sind in kantonalen Normalarbeitsverträgen unverbindlich geregelt.
- Für Personal, das über Temporär-Büros angestellt ist, gilt verbindlich der Gesamtarbeitsvertrag Personalverleih.
Verbindliche Mindestlöhne dank Normalarbeitsvertrag des Bundes
2011 haben die Gewerkschaften durchgesetzt, dass der Bund den Normalarbeitsvertrag (NAV) Hauswirtschaft erlässt. Im Vertrag sind verbindliche Mindestlöhne für Hausangestellte in der ganzen Schweiz geregelt. Der NAV wurde seither mehrmals verlängert, jeweils mit leichten Lohnerhöhungen. Der aktuelle NAV ist bis am 31. Dezember 2022 in Kraft. Er kann erneut verlängert werden.
Habe ich Anrecht auf einen Mindestlohn?
Ja, wenn Sie in einem Privathaushalt angestellt sind und mehr als fünf Stunden pro Woche arbeiten. Egal, ob Sie Reinigungsarbeiten erledigen, die Wäsche machen, einkaufen, kochen oder Kinder, Betagte und Kranke betreuen. Die Brutto-Mindestlöhne pro Stunde (ohne Zuschläge für Ferien und bezahlte Feiertage) haben wir im Flyer «Mindestlöhne für die Hausangestellten» unten zusammengetragen. Er steht in neun Sprachen zur Verfügung.
Wie sieht es mit den restlichen Arbeitsbedingungen aus?
Private Haushalte sind vom Anwendungsbereich des Arbeitsgesetzes ausgeschlossen. Für Hausangestellte gelten somit die Vorschriften zum Gesundheitsschutz nicht, wie Arbeitszeit, Pausen, Ruhezeiten oder Ferien.
Um diese Lücke zu schliessen, mussten alle Kantone einen kantonalen Normalarbeitsvertrag (NAV) für Hausangestellte ausarbeiten, in welchem die Arbeitsbedingungen geregelt werden. Die Bestimmungen variieren daher von Kanton zu Kanton. Zudem sind sie nicht verbindlich. Ein individueller Arbeitsvertrag kann auch schlechtere Bedingungen vorsehen.
Erkundigen Sie sich bei Ihrem Kanton, wie die Arbeitsbedingungen im kantonalen NAV geregelt sind und verlangen Sie vom Arbeitgeber diese Bestimmungen einzuhalten bevor Sie einen Vertrag unterzeichnen. Die kantonalen NAV können Sie auch auf der Website des SECO abrufen.
GAV Personalverleih
Für Personal, das über Temporär-Büros in Privathaushalten arbeitet, gilt seit dem 1. Mai 2016 gilt der GAV Personalverleih. Sie sind zusätzlich geschützt. Der zusätzliche Schutz durch diesen GAV bringt zahlreiche Vorteile.
Senior/innen oder abhängigen Menschen zu Hause betreuen
Die Behörden sehen das Betreuen von Senior/innen oder abhängigen Menschen zu Hause immer noch als eine Tätigkeit ähnlich der Hauswirtschaft an. Dies, weil sie keine Pflege im engeren Sinne beinhaltet. Für Betreuer/innen bedeutet das: Für sie gilt der Mindestlohn der Hauswirtschaft gemäss NAV Hauswirtschaft des Bundes. Sie fallen auch unter die unverbindlichen kantonalen NAV Hauswirtschaft und das Arbeitsgesetz gilt für sie nicht.
24-Stunden-Betreuung muss dem Arbeitsgesetz unterstellt werden
Um die Betreuer/innen besser zu schützen, hat der Bund 2018 konkrete Modell-Bestimmungen ausgearbeitet. Sie gelten für Angestellte, die sich 24-Stunden pro Tag um ältere Personen kümmern und in deren Haushalt wohnen. Die Kantone können diese Bestimmungen in ihre unverbindlichen kantonalen NAV aufnehmen, sind aber nicht dazu verpflichtet. Das heisst, in der Schweiz sind Betreuer/innen absolut ungenügend geschützt.
Wie auch bei den Hausangestellten, engagieren wir uns dafür, dass der Bund die 24-Stunden-Betreuung dem Arbeitsgesetz unterstellt. Zudem braucht es einen Branchen-Gesamtarbeitsvertrag (GAV), der die Löhne entsprechend den Anforderungen dieses Berufs festlegt.
Weitere Infos finden Sie in unserer Broschüre:
- Meine Rechte als Seniorenbetreuerin oder Seniorenbetreuer (DE)
- Moje prawa prawa jako opiekunka, opiekun (PO)
Internationaler Schutz für Hausangestellte
Seit November 2015 ist die Konvention 189 der internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte auch in der Schweiz in Kraft. Die Konvention legt grundsätzliche Rechte für alle Hausangestellten fest. Sie verpflichtet die Staaten eigentlich dazu, Massnahmen zu ergreifen: zum Schutz der Privatsphäre von Hausangestellten, für ihr Recht auf eine menschenwürdige Unterkunft und für sichere und gesunde Arbeitsbedingungen.
Soweit die Theorie. In der Praxis unternimmt die Schweiz viel zu wenig. Die unverbindlichen Bestimmungen zu den Arbeitsbedingungen in kantonalen NAV sind nicht mit der Konvention 189 konform. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass Hausangestellte dem Schutz des Arbeitsgesetzes unterstellt werden. Ansonsten werden sie gegenüber anderen Arbeitnehmenden krass diskriminiert. Dies kommt auch einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gleich, weil es hauptsächlich Frauen betrifft.
Links
- Infos über den GAV Personalverleih
Unia-Branchen Flyer Hauswirtschaft in 9 Sprachen
- «Mindestlöhne für die Hausangestellten» (DE)
- «Minimum wage for domestic staff» (EN)
- «Un salaire minimum pour les employé-e-s de maison» (FR)
- «Salari minimi per il personale domestico» (IT)
- «Salarios mínimos para el personal del servicio doméstico» (ES)
- «Salários mínimos para o pessoal do serviço doméstico» (PT)
- «Minimalne zarade za radnike u domaćinstvu» (SR-KR)
- «Paga minimale për të punësuarit në ekonomi shtëpiake» (AL)
- «Płaca minimalna dla wszystkich zatrudnionych do wykonywania prac domowych» (PO)
Info-Broschüre