Uber-Fahrer/innen um fast eine halbe Milliarde betrogen, Behörden müssen handeln

Uber steht nicht über dem Gesetz

Plattform-Unternehmen wie Uber umgehen systematisch Schweizer Gesetze. Der Schaden für die Beschäftigten und für die öffentliche Hand geht in die Hunderte Millionen Franken. Die Unia fordert Bund und Kantone zu raschem Handeln auf.

Das krasseste Beispiel, wie ein Plattform-Konzern die Gesetze missachtet, ist der Fahrdienst Uber. Dessen Geschäftsmodell basiert komplett auf Scheinselbständigkeit und Schwarzarbeit. Nach einer Berechnung der Unia bleibt Uber seinen Fahrer/innen jährlich zwischen 63 und 99 Millionen Franken schuldig. Seit 2013 hat Uber seine Chauffeur/innen um bis zu einer halben Milliarde Franken betrogen!

Auch den Sozialversicherungen entgehen jährlich rund 20 Millionen Franken an Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträgen, weil Uber seinen Arbeitgeberpflichten nicht nachkommt. Für die sechs Jahre, die Uber in der Schweiz aktiv ist, summiert sich dieser Betrag auf deutlich über 100 Millionen Franken.

Die Behörden sind in der Pflicht

Angesichts solcher Dimensionen dürfen die Behörden nicht länger zusehen und darauf warten, dass Arbeitnehmende ihre Rechte individuell gerichtlich einklagen. Die kantonalen und eidgenössischen Behörden müssen ihre Pflicht wahrnehmen und die Gesetze durchsetzen. 

Diese Behörden haben die Möglichkeit, aber auch die Verpflichtung, von sich aus aktiv zu werden:

  • Die kantonalen Arbeitsämter können feststellen, dass ein Betrieb dem Arbeitsgesetz unterstellt ist (Art. 41 Abs. 3 ArG);
  • die kantonalen Kontrollorgane müssen prüfen, ob sozialversicherungsrechtliche Schwarzarbeit vorliegt (Art. 6 BGSA);
  • die AHV-Ausgleichskassen sind verpflichtet, die Erfassung aller Beitragspflichtigen zu kontrollieren (Art. 63, Abs. 2 AHVG);
  • das SECO soll die Bemühungen der Kantone koordinieren, damit diese die Gesetze und den Arbeitnehmerschutz durchsetzen (Art. 42 Abs. 1-4 ArG);
  • das Bundesamt für Sozialversicherungen sollte den kantonalen Ausgleichskassen besondere Kontrollen über die Erfüllung der Beitragspflichten durch Plattform-Unternehmen vorschreiben, um die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften durch diese Firmen zu prüfen (Art. 129 Abs. 2 AHVV).

Absage an politische Irrwege

Was es nicht braucht, sind «kreative» politische Vorstösse, welche das Plattform-Dumping legalisieren wollen: Sowohl der FDP-Vorschlag eines «dritten Status» neben selbständig und unselbständig als auch die parlamentarische Initiative von GLP-Nationalrat Jürg Grossen zur stärkeren Berücksichtigung der «Parteivereinbarungen» bei der Einstufung durch die Sozialversicherungen würden zu extremer Rechtsunsicherheit führen und es Arbeitgebern erleichtern, sich aus der Verantwortung zu stehlen.

Wertvolle Studie liefert Hintergründe

Hintergründe zur arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Stellung von Plattform-Beschäftigten liefert die neue Publikation von Prof. Kurt Pärli von der Universität Basel. Im Buch «Arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen der Sharing Economy» (Schulthess Verlag) legt er dar, weshalb Plattform-Beschäftigte in der Regel als Unselbständige bzw. Angestellte gelten müssen. Er zeigt, dass es für die Beschäftigten einen grossen Unterschied macht, ob sie als Selbständige oder Angestellte arbeiten: Die Versicherungsabdeckung für Angestellte ist deutlich umfassender, was z.B. im Falle eines Arbeitsunfalls bedeutende Auswirkungen hat.

Dazu kommt: Eine weitere Ausbreitung von Plattform-Beschäftigungsverhältnissen, die auf scheinbar «selbständige», aber de facto angestellte Arbeiter/innen setzt, würde zu einem erhöhten Druck auf die Löhne der Beschäftigten, aber auch auf die Sozialversicherungen führen.