Sans-Papiers: Das sind Ihre Rechte!

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Leben oder arbeiten Sie ohne Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz?

In der Schweiz wohnen ungefähr 150 000 Menschen ohne gültige Aufenthaltsbewilligung. Die meisten «Sans-Papiers» oder «Illegale» sind Arbeiter:innen ohne geregelten Aufenthaltsstatus, vor allem in der Reinigung, in Privathaushalten, auf Baustellen, in Restaurants und Hotels, im Transport oder in der Landwirtschaft.

Egal ob Sie ohne Visum oder gültige Aufenthaltsbewilligung in die Schweiz eingereist sind oder ob Sie nach Ablauf Ihrer Aufenthaltsbewilligung dageblieben sind: Sie haben grundlegende Rechte. Die Menschenrechte sind nicht an einen Aufenthaltsstatus gebunden. Sie gelten für alle.

Diese Seite enthält nützliche Informationen für den Alltag und klärt Sie über Ihre Rechte auf. Weiterhelfen können auch Beratungsstellen für Sans-Papiers im Kanton, in dem Sie wohnen. Sie können ihnen vertraulich alle Aspekte Ihrer Situation darlegen. Diese Stellen sind unabhängig und unterliegen der Schweigepflicht. Es ist nie zu früh oder zu spät, um sich zu informieren. Hier finden Sie nützliche Adressen.

Auch bei der Gewerkschaft Unia finden Sie weitere Informationen. Grundsätzlich gilt: Ihre Dokumente und Ihre persönlichen Gegenstände gehören Ihnen. Kein Mensch und keine Behörde hat das Recht, sie zu beschlagnahmen. Weiter ist es wichtig, dass Sie Ihre Darstellungen beweisen können, bewahren Sie also alle Beweise auf: Textnachrichten, Briefe, Verträge, Tagebücher, usw.

Weitere Informationen, die für Sie nützlich sein können, finden Sie zum Beispiel im Dossier «Meine Rechte am Arbeitsplatz» oder in Ihrem regionalen Unia-Sekretariat.

Themenübersicht:

1. Regularisierung des Aufenthaltes

Menschen von ausserhalb der EU haben kaum Möglichkeiten, in der Schweiz eine Aufenthaltsbewilligung zu erhalten. Als Sans-Papiers gibt es für sie praktisch nur die Härtefallbewilligung oder eine Heirat/eingetragene Partnerschaft, um ihren Status zu regularisieren.

  • Härtefallbewilligung

    Das Gesetz sieht derzeit vor, dass Sans-Papiers die Schweiz sofort verlassen müssen, ausser wenn ein «schwerwiegender persönlicher Härtefall» vorliegt.  

    Entscheide über Härtefallgesuche liegen in der Kompetenz der Kantone: Anträge müssen bei der Migrationsbehörde des Wohnkantons gestellt werden. In jedem Fall wird die persönliche Gesamtsituation individuell geprüft. Die Praxis unterscheidet sich von Kanton zu Kanton und ist stark vom politischen Kontext abhängig. Nimmt ein Kanton ein Härtefallgesuch an, muss anschliessend auch der Bund seine Zustimmung zur Regularisierung geben. In den meisten Fällen tut er das.

    Die Behörden gehen davon aus, dass bei einem Aufenthalt von weniger als fünf Jahren kein Härtefall vorliegt. Erst bei längerem Aufenthalt wird ein Gesuch ernsthaft geprüft. Dabei werden verschiedene Kriterien berücksichtigt, die eine «fortgeschrittene Integration» belegen, wie etwa die Dauer des Aufenthalts in der Schweiz, die finanzielle Unabhängigkeit, die Integration, die Gesundheit, das Vorstrafenregister und viele andere. Konkret werden viele Sans-Papiers regularisiert, die sich seit mehr als 10 Jahren (bzw. 5 Jahren für Familien mit schulpflichtigen Kindern) in der Schweiz aufhalten, finanziell unabhängig sind, keine Vorstrafen haben und die Landessprache ihres Wohnortes beherrschen.

    Auch wenn Sie einen rechtskräftigen, negativen Asylbescheid erhalten haben, können Sie per Härtefallklausel eine Aufenthaltsbewilligung beantragen, wenn Ihr Aufenthalt den Schweizer Behörden seit mindestens 5 Jahren bekannt ist. In der Praxis sind 5 Jahre in vielen Kantonen jedoch bei weitem nicht ausreichend.

    Opfer von Menschenhandel sind besonders geschützt. Wenn Sie unter Androhung oder Anwendung von Gewalt oder wegen angeblicher Schulden zur Arbeit gezwungen werden oder wurden, dabei beispielsweise sexuell oder bei der Arbeit ausgebeutet werden oder wurden, zu Straftaten oder zum Betteln genötigt werden oder wurden, können Sie unterstützt werden und eine Regularisierung erhalten. Das gilt selbst dann, wenn Sie Ihrer Ausbeutung formell zugestimmt haben.

  • Familiennachzug

    Heirat und eingetragene Partnerschaft

    Jeder Mensch hat das Recht zu heiraten. In der Praxis ist dies für Sans-Papiers jedoch nicht einfach, weil heiratswillige ausländische Staatsangehörige ihren rechtmässigen Aufenthalt in der Schweiz nachweisen müssen. Zudem sind die Zivilstandsämter verpflichtet, die Migrationsbehörden über illegale anwesende Brautleute zu benachrichtigen. Das Bundesgericht hat jedoch entschieden, dass Sans-Papiers die Heirat in der Schweiz nicht generell verweigert werden darf. Das bedeutet, dass jeder Einzelfall geprüft werden muss und das Migrationsamt eine sogenannte Duldung des Aufenthaltes ausstellen muss, wenn gewisse Kriterien erfüllt sind, damit ein Ehevorbereitungsverfahren durchgeführt werden kann. Die Praxis ist kantonal unterschiedlich. Informieren Sie sich bei einer Beratungsstelle über das Vorgehen.

    Gleichgeschlechtliche Paare können heiraten. Sie können auch eine zuvor geschlossene eingetragene Partnerschaft in eine Ehe umwandeln, indem sie einer Zivilstandsbeamtin oder einem Zivilstandsbeamten eine gemeinsame Erklärung vorlegen.

    Bei Verdacht auf Scheinehe oder -partnerschaft muss die Behörde in der Schweiz die Ehe oder Partnerschaftsschliessung verweigern. In diesem Fall haben Sie keine andere Möglichkeit, als in das Land Ihrer Staatsangehörigkeit zu reisen und dann entweder dort zu heiraten und anschliessend einen Familiennachzug in die Schweiz zu beantragen oder ein Visum zwecks Ehe oder Partnerschaftsvorbereitung in der Schweiz zu beantragen, damit Sie für die Heirat oder Partnerschaft regulär in die Schweiz einreisen können.

    Wenn Sie sich während der ersten drei Jahren nach der Heirat oder Partnerschaft scheiden lassen, riskieren Sie– selbst wenn Sie Opfer häuslicher Gewalt sind – dass Ihre Aufenthaltsbewilligung (Ausweis B) nicht weiter verlängert wird. Wenn Sie bereits vor der Heirat mehrere Jahre in der Schweiz gelebt haben, müssen Sie je nach Ihrer Situation (mit oder ohne Kinder) möglicherweise eine Härtefallbewilligung beantragen.

    Andere Fälle

    Wenn Sie minderjährig sind und eines Ihrer Elternteile eine reguläre Situation hat, kann diese Person eine Aufenthaltsgenehmigung für Sie beantragen. Dasselbe gilt, wenn Sie die Mutter eines minderjährigen Kindes sind, das die schweizerische oder eine europäische Staatszugehörigkeit hat oder regulär in der Schweiz ist.

  • Staatenlosigkeit

    Sie sind in der Schweiz staatenlos, wenn Sie unverschuldet keine Staatsangehörigkeit besitzen oder nicht mehr besitzen und keine Möglichkeit haben, eine solche zu erlangen. Sie können die Anerkennung Ihrer Staatenlosigkeit beim Staatssekretariat für Migration (SEM) beantragen, um eine Aufenthaltsbewilligung (B) und ein Reisedokument für die Reise ins Ausland zu erhalten. Wenn Sie minderjährig sind und bereits 5 Jahre in der Schweiz leben, können Sie auch eine erleichterte Einbürgerung beantragen. Der Prozess dauert lange und ist kompliziert. Sie müssen insbesondere nachweisen können, dass kein anderer Staat Sie als Angehörige:n anerkennt. Die Anerkennung ist jedoch notwendig, weil Sie als Staatenlose:r Gefahr laufen, (wiederholt) in Ausschaffungshaft zu geraten, selbst wenn Ihre Ausweisung gegen geltendes Recht verstösst.

2. Gesundheit

Sans-Papiers leben häufig unter schwierigen Bedingungen. Die Arbeit ist oft anstrengend und gesundheitsschädigend. Dazu kommt der Stress des Lebens ohne geregelten Aufenthaltsstatus. Das kann sich negativ auf Ihre Gesundheit auswirken.  

Der Gesundheitswegweiser von des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK), der Caritas und des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) gibt Ihnen weitere Auskünfte (zu beziehen bei den Beratungsstellen oder unter www.migesplus.ch).

  • Recht auf Gesundheitsversorgung

    In der Schweiz sind alle Gesundheitseinrichtungen und Ärzt:innen verpflichtet, in Notfallsituationen Hilfe zu leisten. Wenn Sie eine medizinische Hilfeleistung benötigen, egal ob Sie krank oder verletzt sind, müssen Sie behandelt werden, ob mit oder ohne Krankenversicherung. In den Spitälern gibt es Sozialarbeiter:innen. Sie können Ihnen bei Problemen weiterhelfen.

    Ärzt:innen und das Spitalpersonal sind zur Geheimhaltung verpflichtet. Sie dürfen Ihren Namen, Geburtsdatum und Kontaktdaten nicht der Polizei oder dem Migrationsamt melden.

    Tipp: Verschiedene private Organisationen bieten auf lokaler Ebene kostenlose oder günstige Gesundheitsversorgung an. In einigen Kantonen sind die öffentlichen Krankenhäuser gar verpflichtet, die medizinische Grundversorgung auf Kosten der öffentlichen Hand zu übernehmen, weil gewisse Institutionen genau dafür Reserven angelegt haben (Sozialdienste, kantonale Behörden, Spitäler usw.). Wenn Sie keine Krankenversicherung abgeschlossen haben und die öffentlichen Einrichtungen vor Ort nicht zur Zahlung Ihrer Behandlung verpflichtet sind, müssen Sie die Kosten unter Umständen selbst tragen. In diesem Fall kann die Zahlung in Raten erfolgen.

  • Recht auf Krankenversicherung

    Sie haben das Recht, eine Kranken- und Unfallversicherung abzuschliessen. Die einzigen hierfür benötigten Daten sind Ihr Name, Vorname, Geburtsdatum und eine Kontaktadresse.

    Alle gesetzlich Versicherten haben unabhängig von Ihrem Aufenthaltsstatus Anspruch auf den gleichen Leistungskatalog. Kosten von Arztbehandlungen, Spitalaufenthalten, Schwangerschaften und Geburten werden von der Krankenkasse bezahlt. Zahnarztbehandlungen hingegen werden von der Grundversicherungen nicht übernommen.

    Eine Krankenversicherung in der Schweiz ist nicht gratis. Sie bezahlen monatlich einen Betrag (die «Prämie»), einen Teil der medizinischen Behandlungskosten («Franchise») und 10% der Kosten bezahlt werden («Selbstbehalt»). Bei niedrigem Einkommen besteht in gewissen Kantonen die Möglichkeit, eine Prämienverbilligung («Reduktion») zu beantragen. Auch die Krankenkassen unterstehen der Geheimhaltungspflicht. Sie dürfen Ihre personenbezogenen Daten nur dann an die Migrationsbehörden weitergeben, wenn Sie schriftlich eingewilligt haben oder, falls die Einwilligung nicht eingeholt werden kann, wenn dies in Ihrem Interesse liegt, was nie der Fall ist. Trotzdem empfehlen wir Ihnen, beim Versicherungsabschluss die Adresse einer zuverlässigen, «legalen» Drittperson anzugeben.

    Achtung! Wenn Sie nicht krankenversichert sind, werden Sie Probleme mit der medizinischen Versorgung, der Bezahlung der erhaltenen Leistungen und mit den Behandlungen haben. Die Unterschiede zwischen den Kantonen sind gross.

    Sie müssen sich nach Ankunft in der Schweiz innert 3 Monaten versichern. Bei verspäteter Anmeldung (nach mehr als 3 Monaten ab Ankunft) kann der Versicherer während einem Zeitraum, welcher der doppelten Dauer der Verspätung verspricht, einen Prämienzuschlag von 50% verlangen. Die Versicherung tritt dann aber nicht rückwirkend in Kraft, obwohl Sie die Prämie rückwirkend zahlen müssen.

    Viele Menschen schliessen freiwillige Zusatzversicherungen ab, ohne sie bezahlen zu können: Die Folgen sind beträchtlich, was die Verschuldung und damit die Verhinderung einer zukünftigen Regularisierung angeht.

    Tipp: Unterschreiben Sie nie etwas, wenn Sie nicht sicher sind, dass Sie verstehen, worum es geht.

  • Recht auf Unfallversicherung

    Alle Arbeitnehmenden in der Schweiz sind obligatorisch gegen Berufsunfälle und Berufskrankheiten versichert, auch ohne Aufenthaltsbewilligung. Dazu gehören Heimarbeiter:innen, Lehrlinge, Praktikant:innen und Freiwillige. Wenn Sie mindestens 8 Stunden pro Woche für denselben Arbeitgeber arbeiten, sind Sie auch gegen Nichtberufsunfälle versichert. Die Prämien für die obligatorische Versicherung werden vom Arbeitgeber bezahlt. Die Prämien für die obligatorische Versicherung gegen Nichtberufsunfälle sind grundsätzlich vom Arbeitnehmer zu tragen, es sei denn, der Arbeitgeber übernimmt die Prämie freiwillig.

    Achtung! Auch wenn Ihr Arbeitgeber seiner Sozialversicherungspflicht nicht nachkommt, sind Sie versichert und erhalten die Leistungen. Wenn Sie wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit medizinisch behandelt werden, müssen Sie die Rechnung nicht selbst bezahlen: Die Kosten werden von der Unfallversicherung Ihres Arbeitgebers übernommen.

    Achtung: Die Unfallversicherungen unterliegen in der Regel der Schweigepflicht. Sie sind jedoch gesetzlich verpflichtet, die Migrationsbehörden zu informieren, wenn sie Hinweise auf Schwarzarbeit finden, also auf Arbeit, die nicht bei den Sozialversicherungen gemeldet ist. 

  • Reproduktive Rechte (Verhütung, Schwangerschaftsabbruch usw.) und Prävention von sexuell übertragbaren Infektionen (HIV/Aids, andere Geschlechtskrankheiten)

    Ärzt:innen, Spitäler und spezielle Beratungsstellen informieren über Verhütungsmittel für Frauen und Männer und über und Schwangerschaftsabbruch.  

    Mit der Verwendung von Kondomen beim Sex schützen Sie sich vor HIV/Aids und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten. Sie sind rezeptfrei in jeder Apotheke und im Warenhaus erhältlich und werden von manchen Institutionen gar kostenlos abgegeben. HIV-Tests können auf spezialisierten Stellen kostengünstig oder kostenlos und anonym vorgenommen werden. Informationen zum Thema HIV/Aids finden sie in diversen Sprachen unter www.aids.ch oder www.migesplus.ch.

3. Arbeit

Wenn Sie mit einer Person abmachen, dass Sie für sie arbeiten und sie Ihnen dafür einen Lohn verspricht, dann gilt das als Arbeitsvertrag. Auch wenn die Abmachung nur mündlich ist. Ein Arbeitsvertrag erlaubt Ihnen nicht, Ihre Situation zu regularisieren, aber er garantiert Ihnen minimale Arbeitsbedingungen.

  • Rechte bei der Arbeit
    • Recht auf Arbeitsbedingungen und Löhne gemäss Gesamtarbeitsverträgen, örtlichen Gepflogenheiten, Berufspraktiken sowie Normalarbeitsverträgen.
    • Minderjährige: Arbeitsverbot für unter 15-Jährige und die Dauer sollte nicht mehr als 9 Stunden pro Tag betragen. Unter 18 Jahren keine Nacht- und Sonntagsarbeit. Wenn Sie als Hausangestellte:r beim Arbeitgebern wohnen, muss er Ihnen eine Unterkunft gewähren, die Ihre Privatsphäre schützt.
    • Angemessene Kündigungsfristen. Der Arbeitgeber muss Sie früh genug informieren, wenn er Sie nicht mehr beschäftigen will.
    • Anspruch auf AHV/IV (siehe Kapitel Sozialversicherungen).

    Leider erhalten sehr viele Sans-Papiers einen zu tiefen oder gar keinen Lohn und das ist illegal. Wenn das direkte Gespräch mit dem Arbeitgeber nichts bringt, können Sie in gewissen Kantonen vor einem Arbeitsgericht klagen.

    Eine Klage vor Arbeitsgericht kann auch durch eine von Ihnen bevollmächtigte Person geführt werden. So können Sie ihre Rechte vor Gericht bis fünf Jahre rückwirkend geltend machen, auch wenn Sie die Schweiz verlassen haben.

    Tipp: Wenn Sie sich bei einem Arbeitgeber zum ersten Mal vorstellen, dann stellen Sie Fragen über die Arbeit:

    Wie viel werden Sie verdienen? Wie viele Stunden müssen Sie arbeiten? Welche Arbeiten müssen Sie machen und welche nicht?

    Machen Sie möglichst klare Arbeitszeiten ab. Das ist besonders wichtig, wenn Sie beim Arbeitgeber wohnen. Machen Sie auch ab, an welchen Tagen Sie frei haben. Fragen Sie, ob Sie diese Abmachungen schriftlich haben können. Arbeitgeber sind dazu gesetzlich verpflichtet, Ihnen einen Arbeitsvertrag auszustellen.

    Tipp: Schreiben Sie täglich auf, wie viel und was Sie gearbeitet haben. Bewahren Sie schriftliche Arbeitsanweisungen auf (Papier, SMS, E-Mail, etc.) und machen Sie Fotos von Ihrem Arbeitsplatz. Wenn Sie die geleistete Arbeit dokumentiert haben, ist es bei Problemen mit Ihrem Arbeitgeber einfacher, Ihre Ansprüche geltend zu machen.

    Tipp: Wenn Sie Mitglied in einer Gewerkschaft sind, werden Sie bei jedem Schritt beraten und unterstützt. Zögern Sie nicht, sich bei einem Gewerkschaftsbüro in Ihrer Nähe zu erkundigen.

    Achtung! Viele Menschen sind Opfer von Menschenhandel, ohne sich dessen bewusst zu sein. Wenn Sie in der Schweiz aufgrund falscher Versprechungen oder Täuschung über die Arbeitsbedingungen arbeiten, wenn Sie unter Androhung von Gewalt oder zur Begleichung einer hohen Schuld - auch mit Ihrem Einverständnis - zur Arbeit gezwungen werden, können Sie unterstützt werden und aus dieser Situation herauskommen. Erkundigen Sie sich bei einer Mitgliedorganisation der Schweizer Plattform gegen Menschenhandel: plattform-menschenhandel.ch.

  • Sozialversicherungen

    Sozialversicherungen sind für alle in der Schweiz lebenden und arbeitenden Menschen obligatorisch. Die wichtigsten sind die Altersversicherung (AHV), die Invalidenversicherung (IV), die Familienzulagen, die Arbeitslosenversicherung (ALV), die Unfallversicherung (UVG), die Erwerbsersatzordnung (EO), die berufliche Vorsorge (BVG) und die Mutterschaftsversicherung.

    Alle Arbeitgeber müssen ihre Angestellten bei den Sozialversicherungen anmelden.

    Achtung! Bei den Sozialversicherungen angemeldet zu sein, bedeutet nicht, eine Aufenthaltsbewilligung zu haben. Ihr Aufenthaltsstatus bleibt irregulär. Wenn Sie bei den Sozialversicherungen angemeldet sind, erhalten Sie einen Versicherungsausweis («AHV-Ausweis»). Ihr Arbeitgeber beschäftigt Sie dann zwar immer noch illegal, aber Sie sind gegen Invalidität versichert und erhalten im Alter eine kleine Rente, auch wenn Sie sich dann nicht mehr in der Schweiz aufhalten.

    Achtung! Es gibt Arbeitgeber, die Beiträge vom Lohn abziehen, diese aber nicht bei den Versicherungen einzahlen! Wenn Sie keinen AHV-Ausweis erhalten haben, heisst das, dass Ihr Arbeitgeber Sie nicht korrekt versichert hat.

    Tipp: Sprechen Sie mit Ihrem Arbeitgeber über die Anmeldung bei den Sozialversicherungen. Informieren Sie sich auf jeden Fall vorher bei einer Gewerkschaft oder einer Beratungsstelle über die übliche Praxis in Ihrem Wohnkanton.

    Tipp: Wenn Sie die Schweiz verlassen wollen: Informieren Sie sich unbedingt über Ihre Rente, bevor Sie ausreisen.

    • Familienzulagen und Erwerbsausfallentschädigungen: Sie haben Anspruch auf diese Entschädigungen, wenn Sie sich bei der zuständigen kantonalen Kasse angemeldet haben und einen AHV-Ausweis haben.
    • Insolvenzentschädigung: Sie haben Anspruch auf diese Leistung, wenn Ihr Arbeitgeber insolvent ist.
    • Arbeitslosenversicherung: Sie haben keinen Anspruch auf die Leistungen der Arbeitslosenversicherung, auch nicht auf arbeitsmarktliche Massnahmen.

4. Bildung und Ausbildung

Sans-Papiers-Kinder haben besondere Rechte und Möglichkeiten. Sie können zur Schule gehen und erhalten oft auch weiterführende Unterstützung. Wenn Sie ein Kind haben oder selber minderjährig sind, erkundigen Sie sich bei einer Beratungsstelle über die Schulsituation in Ihrem Kanton.

  • Kinderbetreuung und Kindergarten

    In vielen Kantonen sind Kindertagesstätten und sonstige Betreuungseinrichtungen für Sans-Papiers zugänglich. Die Kosten werden von den Kantonen teilweise übernommen. Darüber hinaus ist es in den meisten Kantonen möglich oder sogar obligatorisch, dass Kinder ohne geregelten Aufenthaltsstatus den Kindergarten besuchen.

  • Obligatorische Schule

    Während der gesamten Dauer der Schulpflicht müssen die öffentlichen Schulen alle Kinder bis 16 Jahre unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus aufnehmen. Der Zugang zur obligatorischen Schule ist kostenlos.

    Tipp: Unter 16-Jährige wenden sich am besten an die Schulberatung ihrer Schule und an eine Beratungsstelle.

  • Nicht-obligatorische Schule

    Es existiert kein Grundrecht auf Bildung nach der obligatorischen Schulzeit. In gewissen Kantonen können Sie unter bestimmten Bedingungen aber eine Schule auf Sekundarstufe II (Gymnasium/Berufsmaturitätsschule/Fachmittelschule), eine Universität oder eine Hochschule besuchen. Auf Anfrage sind auch einige Brückenangebote möglich. Bei nicht-staatlichen Schulen stellt sich das Problem der Finanzierung.

  • Berufliche Ausbildung

    Berufslehren sind ohne Aufenthaltsbewilligung nicht möglich. Wenn Sans-Papiers aber eine Berufslehre in Aussicht haben, können Sie eine Aufenthaltsbewilligung für die Dauer dieser Ausbildung beantragen. Die folgenden Bedingungen müssen erfüllt sein:

    • Sie müssen während mindestens 5 Jahren in der Schweiz die Schule besucht haben.
    • Sie müssen Ihre Bewerbung innerhalb von 12 Monaten nach Ende der Schulpflicht einreichen.
    • Sie müssen vorweisen können, dass Sie «gut integriert» sind und das Schweizer Rechtssystem respektieren.
    • Sie müssen Ihre Identität offen angeben.
    • Der Arbeitgeber muss seine Bereitschaft, Sie anzustellen, bei den kantonalen Behörden bekannt machen.

    Achtung! Es besteht kein grundsätzlicher Anspruch auf eine Erlaubnis zur Aufnahme und Beendigung einer beruflichen Ausbildung. Die Erlaubnis wird nur erteilt, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind. Das Risiko ist gross: Wenn Ihr Antrag abgelehnt wird, besteht die Möglichkeit einer Ausschaffung, sowohl für Sie als auch für Ihre Familie. Insbesondere wird die Situation der gesamten Familie untersucht. Zu diesem Zeitpunkt besteht keine Garantie, dass die Aufenthaltsbewilligung am Ende der Ausbildung verlängert wird, auch wenn dies in der Praxis meist der Fall ist.

  • Unterstützung für Familien

    Für Familien mit Kindern gibt es in vielen Lebensbereichen Vergünstigungen. Das betrifft schulische Angebote, aber auch kulturelle und künstlerische Freizeitaktivitäten.

    Tipp: Schulen und Lehrer:innen dürfen die Kontaktdaten von Minderjährigen nicht an die Polizei weitergeben. Lehrpersonen sind Vertrauenspersonen und haben fast immer Verständnis für die schwierige Situation der Kinder von Sans-Papiers. Nehmen Sie an Elternabenden und anderen Veranstaltungen der Schule teil. Wenn Sie Angst haben, lassen Sie sich begleiten.

5. Sprachkurse und soziale Aktivitäten

  • Sprachkurse und soziale Aktivitäten

    Wir empfehlen Ihnen, die lokale Sprache zu lernen, mündlich wie auch schriftlich. Diese ist für Ihren Alltag in der Schweiz von grossem Vorteil. Sie können besser am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, ein Netzwerk aufbauen und effektiver für Ihre Interessen effektiver einstehen.

    Oft bieten lokale Behörden oder Organisationen kostenlose oder günstige Sprachkurse zu Zeiten an, die sich mit der Arbeit vereinbaren lassen. In vielen Kantonen gibt es für Sans-Papiers auch einen erleichterten Zugang zu verschiedenen Aktivitäten. Das kann Ihnen dabei helfen, Ihre Kontakte zu pflegen, sich auszudrücken und zu informieren. Viele Organisationen bieten Konversationsworkshops sowie einfach zugängliche soziale, politische, künstlerische, kulturelle und sportliche Aktivitäten an.

    Das Erlernen der lokalen Sprache und Gebräuche sowie die soziale Vernetzung sind grundlegende Voraussetzungen, wenn es darum geht, Ihren Status zu regularisieren.

    Tipp: Die Bildungsinstitution für Erwachsene ECAP erlaubt es Ihnen, ohne Risiko verschiedenste Kurse zu besuchen: www.ecap.ch

6. Wohnen

  • Wohnen

    Ohne Aufenthaltsbewilligung ist es schwierig, eine Unterkunft zu finden. Oft müssen Sans-Papiers viel zu teure, kleine Wohnungen mieten. Sie können einen rechtsgültigen Mietvertrag abschliessen. Allerdings verlangen Vermieter oder Agenturen oft einen Nachweis, dass Ihr Aufenthaltsstatus geregelt ist.  

    Oft finden Sans-Papiers eine Wohnung, indem eine legal hier lebende Person für sie eine Wohnung mietet. Diese Person macht sich allerdings dadurch strafbar: Sie kann mit bis zu 12 Monaten Gefängnis bestraft werden, in der Regel wird sie aber bloss zu einer Geldstrafe über einige Tagessätze verurteilt.

    Der Vermieter darf keine Miete verlangen, die über dem ortsüblichen Mietzins liegt. Auch darf der Preis nicht massiv höher sein als beim Vormieter.

    Der Vermieter darf ein Depot in der Höhe von maximal drei Monatsmieten verlangen. Wenn Sie die Mieten bezahlen und keine Schäden verursachen, dann wird Ihnen das Depot zurückbezahlt, sobald Sie ausziehen. Verlangen Sie für das Depot unbedingt eine Quittung.

    Wenn Sie Hausangestellte:r sind und beim Arbeitgeber wohnen, gibt es besondere Bedingungen, die Sie schützen.

    Tipp: Es ist wichtig, einen Zahlungsnachweis erbringen zu können. Fragen Sie, ob der Vermieter Ihnen Einzahlungsscheine zur Verfügung stellen kann, damit Sie die Miete unter Ihrem richtigen Namen einzahlen können. Einzahlungsscheine sind der beste Beleg für bezahlte Mieten und, wenn nötig, für spätere Rückforderungen an den Vermieter.

    Tipp: Wenn der Vermieter eine zu hohe Miete verlangt oder das Depot nicht zurückbezahlt, versuchen Sie mit Hilfe einer Beratungsstelle mit ihm zu verhandeln. Wenn dies nichts nützt, können Sie in gewissen Kantonen kostenlos eine Schlichtungsstelle herbeirufen. Wenn der Vermieter eine ungeeignete Unterkunft zu einem unverhältnismässigen Mietpreis anbietet (gesundheitsschädigende Räumlichkeiten, Keller, usw.), kann er wegen Ausnutzung Ihrer schwachen Position zu einer Freiheitsstrafe oder Geldstrafe verurteilt werden.

7. Polizei und Justiz

Aus Sicht der Behörden verstossen Sie als Sans-Papiers durch Ihre blosse Anwesenheit in der Schweiz gegen das Gesetz. Arbeiten ohne Bewilligung ist ein zusätzlicher Verstoss gegen das Gesetz. Die Polizei und die Justiz müssen Sie jedoch über Ihre Rechte informieren und diese respektieren.

Polizei und Justiz

  • Polizeikontrollen und Ihre Rechte
    • Die Polizei darf keine Kontrollen durchführen, ohne einen Grund dafür zu haben. Sie hat aber sowohl im privaten wie auch im öffentlichen Raum das Recht, Sie festzunehmen und Ihre Identität zu überprüfen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass Sie mit der Verübung einer Straftat in Verbindung stehen.
       
    • Die Teilnahme an unbewilligten Demonstrationen (oder an bewilligten, während derer es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommt) kann es der Polizei erlauben, Sie festzunehmen.
       
    • Ohne Aufenthaltsbewilligung werden Sie wahrscheinlich auf einen Polizeiposten mitgenommen.
      Die Polizei kann Sie in den ersten 24 Stunden Ihrer Untersuchungshaft ohne Anwesenheit eines Anwalts befragen. Bitten Sie nach 24 Stunden und vor einer möglichen Haftüberprüfung darum, von einem Anwalt oder einer Anwältin beraten zu werden (gratis).
       
    • Anschliessend folgt eine Befragung. Die Befragenden müssen Sie anständig behandeln: keine Drohungen, keine physischen oder psychischen Übergriffe.
       
    • Verlangen Sie bei einer Befragung nach einem/einer Dolmetscher:in. Beantworten Sie oder unterschreiben Sie niemals, wenn Sie nicht alles genau verstanden haben.
       
    • Sie haben immer das Recht, Aussagen zu verweigern. Sie müssen keine Angaben machen über Ihre Adresse, Ihren Arbeitgeber und Ihren Freundeskreis. Sie können antworten: «Ich habe dazu nichts zu sagen». Sagen Sie lieber nichts, statt zu lügen. Lügen werden meist erkannt und Sie werden als unglaubwürdig gelesen. Ihre Personalien – also Name, Vorname, Geburtsdatum und Heimatort – müssen Sie aber angeben.
       
    • Die Polizei darf bei einer einfachen Kontrolle nicht ohne Grund eine Körperkontrolle durchführen, also Körper abtasten oder gar eine intime Körperkontrolle vornehmen. Sie darf Sie jedoch einmal auf der Polizeiwache durchsuchen, wenn sie es für nötig hält. Leibesvisitationen müssen immer in zwei Schritten (erst oben, dann unten oder umgekehrt, nie aber der ganze Körper zur gleichen Zeit) und von einer Person desselben Geschlechts durchgeführt werden. Wenn Sie eine Trans-Person sind, sollte Ihre Bitte, von einer Person untersucht zu werden, deren registriertes Geschlecht mit Ihrer Geschlechtsidentität übereinstimmt, erwogen werden. Durchsuchungen, für welche der Körper entkleidet wird, beispielsweise Intimdurchsuchungen, dürfen nur von medizinisch geschultem Personal durchgeführt werden, welches grundsätzlich nicht dem Polizeikorps angehört. Wenn Sie einer vaginalen oder analen Untersuchung unterzogen werden, muss diese von einer Ärztin, einem Arzt oder einer medizinischen Fachkraft durchgeführt werden, die nicht unbedingt das gleiche Geschlecht haben muss wie Sie. Sie können sich nicht weigern, untersucht zu werden. Sie können aber eine vaginale oder anale Untersuchung verweigern, wenn diese Ihnen erhebliches Leid zufügt.
       
    • Die Polizei darf Hausdurchsuchungen nur mit einem Hausdurchsuchungsbefehl durchführen. Gemäss Ausländer- und Integrationsgesetz darf die Polizei während eines Aus- oder Wegweisungsverfahrens die betroffene Person sowie ihre Sachen, die sie mitführt, zur Sicherstellung von Reise- und Identitätsdokumenten auch ohne richterlichen Befehl durchsuchen.
       
    • Die Polizei darf von Ihnen mitgeführte Gegenstände und Dokumente zur Aufbewahrung beschlagnahmen. Verlangen Sie Quittungen für alle beschlagnahmte Gegenstände. Verlangen Sie, dass Ihre persönlichen Notizen, Agenda, Telefon oder Ähnliches unter Verschluss kommen. Polizeibeamte dürfen darin weder lesen noch Kopien machen. Nur ein-e Untersuchungsrichter:in kann den Verschluss aufheben.
       
    • Sperren Sie Ihr Handy mit einem Code, sodass die Polizei Ihre Nachrichten und Kontakte nicht einfach so einsehen kann. Sie sind in keinem Fall verpflichtet, diesen Code weiterzugeben.
       
    • Melden Sie Übergriffe unbedingt der Menschenrechtsorganisation «Augenauf».

    Im Prinzip werden Sie nach einer Befragung wieder freigelassen, wenn Sie ausser Ihrem ungeregelten Aufenthalt keine Straftat begangen haben.

    Wenn ein strafrechtliches Verfahren eingeleitet oder eingestellt wird, wenn Sie verhaftet oder freigelassen werden oder wenn ein Strafurteil gegen Sie gefällt wird, kommunizieren die Behörden miteinander. In der Regel meldet die Polizei Sie nach der Befragung den Migrationsbehörden, worauf ein/e Richter:in das Urteil fällt, Sie in ein Land Ihrer Staatenzugehörigkeit abzuschieben. Damit einher geht in der Regel auch ein Aufenthaltsverbot in der Schweiz für mindestens 2 bis 3 Jahre. Sie können zu einer Busse, einer Geld- oder einer Gefängnisstrafe von einem Jahr oder mehr verurteilt werden. Die Justizbehörde kann eine Durchsuchung Ihrer Wohnung oder anderer Räumlichkeiten anordnen, wenn sie den Verdacht hat, dass Sie sich dort verstecken oder sich Ihre Reisepapiere dort befinden. Die Fremdenpolizei kann eine Ausschaffungshaft anordnen. Sie bleiben solange in Haft, bis die Behörden Ihre Ausreise regeln können. Die Rechtmässigkeit dieser Haft muss innerhalb von 96 Stunden von einem/einer Richter:in überprüft werden. Die maximale Dauer der Abschiebungs- oder Ausweisungshaft, zusätzlich zu einer möglichen Inhaftierung wegen Ungehorsams, beträgt 18 Monate (12 Monate für Minderjährige zwischen 15 und 18 Jahren). Gegen die Haftverfügung können Sie Beschwerde einlegen, doch das ist kostenpflichtig. Alle 3 Monate muss die Haftverlängerung zudem von einem/einer Richter:in in einer Anhörung überprüft werden.

    Auch Ihr Arbeitgeber riskiert strafrechtliche Sanktionen (Busse, Geld- oder Gefängnisstrafe).

    Was Ihr/e Freund:innen angeht: Die meisten Personen, die mit Ihnen in Kontakt stehen, riskieren keine Sanktionen, ausser die Behörden sind der Ansicht, dass sie Ihren Aufenthalt «erleichtern» (zum Beispiel, wenn sie Sie beherbergen). In diesem Fall riskieren sie in der Regel eine kleine Geldstrafe.

    Tipp: Wenden Sie sich umgehend an eine Rechtsberatungsstelle, wenn Sie von der Polizei angehalten wurden.

8. Unterstützung in Notlagen

  • Unterstützung in Notlagen

    Wenn Sie hilfebedürftig sind, haben Sie keinen Anspruch auf Sozialhilfe. Sie haben aber Anspruch auf Hilfe in Notlagen bezüglich Nahrung, Unterkunft, Kleidung und grundlegenden medizinischen Ausgaben. Dies bedeutet jedoch, dass Sie sich bei den kantonalen Behörden anmelden müssen und erschwert Ihnen die Beantragung einer Regularisierung, da Sie nicht mehr finanziell unabhängig sind.

    Wird Ihr Asylgesuch abgelehnt oder haben Sie einen Nichteintretensentscheid erhalten, haben Sie unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Nothilfe, die Ihnen ein Existenzminimum garantiert.

9. Diskriminierung

  • Diskriminierung

    Diskriminierungen verletzen grundlegende Menschenrechte und die Menschenwürde. Trotzdem erleben in der Schweiz viele Menschen Rassismus und Diskriminierung – im Privaten, im Umgang mit Behörden, in der Öffentlichkeit und am Arbeitsplatz

    Die Schweizer Gesetze leisten schlechte Arbeit bei der Bekämpfung von Rassismus und anderen Arten von Diskriminierung. Menschen, die mit Diskriminierungen konfrontiert sind, sehen sich mit verschiedenen Hindernissen konfrontiert, darunter das Problem der Beweisführung und die Angst vor sozialen, politischen, rechtlichen und finanziellen Konsequenzen.

    Wir sind solidarisch! Jeden Tag arbeiten solidarische Organisationen und Gewerkschaften daran, Gesetze und deren Anwendung zu verbessern, damit Rassismus und alle anderen Arten von Diskriminierung wirksam geahndet werden können. Bewahren Sie so viele Beweise auf wie möglich und wenden Sie sich an eine Beratungsstelle: Sie werden unterstützt.

10. Das Risiko, den Migrationsbehörden gemeldet zu werden

  • Das Risiko, den Migrationsbehörden gemeldet zu werden

    Das Gesetz verpflichtet gewisse Behörden, Ihre Daten an die Migrationsbehörden zu übermitteln, wenn Sie den Verdacht haben oder darüber informiert werden, dass Ihr Aufenthaltsstatus nicht regulär ist. Es ist wichtig zu wissen, welche das sind.

    In den meisten Kantonen müssen diese Behörden systematisch Daten über Sie an die Migrationsbehörden übermitteln:

    • Polizeibehörden, Strafermittlungsbehörden und Strafgerichte
    • Steuerbehörden und Vollstreckungsbehörden der Sozialversicherung
    • Asylbehörden
    • Zivilstandsämter (ausgenommen sind in den meisten Fällen die Erstellung von Geburtsurkunden und Vaterschaftsanerkennungen)
    • Arbeitsinspektor:innen, Ämter für Arbeitsmarktkontrolle, Arbeitslosenkassen und Arbeitsämter

    Im Gegensatz dazu können Sie diesen Behörden und Organisationen grundsätzlich vertrauen:

    • Schulämter und Bildungseinrichtungen
    • Medizinische Behörden, Gesundheitsdienste und medizinisches Personal
    • Krankenkassen-Vollstreckungsbehörden
    • Opferhilfe
    • Rechtsanwält:innen
    • Verbände (Beratungsstellen, Anwaltskanzleien, Hilfsorganisationen)
    • Gewerkschaften

    Tipp: Diese Liste ist nicht vollständig und es existieren Unterschiede von Kanton zu Kanton. Wenn Sie Zweifel haben welchen Behörden Sie vertrauen können – insbesondere bei den Zivilgerichten und Arbeitsgerichten – wenden Sie sich an eine Beratungsstelle oder an eine Gewerkschaft.

Forderungen der Unia

Wir fordern die kollektive Regularisierung

Seit Jahren kämpfen in der Schweiz Sans-Papiers gemeinsam mit Unterstützungsgruppen für eine kollektive Regularisierung. Einige Erfolge wurden erzielt: Tausende Aufenthaltsbewilligungen sowie das Recht auf Krankenversicherung für alle. In Regionen, wo die Sans-Papiers gut organisiert sind, können sich neue Wege öffnen. So führte die Kampagne «Opération Papyrus» in Genf dazu, dass 2017 und 2018 der Aufenthaltsstatuts von über 2800 Sans-Papiers regularisiert werden konnte. Genfer Kriterien für die Regularisierung:

  • Aufenthaltsdauer von fünf Jahren für Familien mit schulpflichtigen Kindern – das Kriterium des 5-jährigen Aufenthaltes bezieht sich dabei auf ein Familienmitglied
  • Aufenthaltsdauer von zehn Jahren für Einzelpersonen, kinderlose Paare oder Paare mit noch nicht schulpflichtigen Kindern
  • Gute «Integration»; die Bestätigung des Sprachniveaus A2 muss zumindest im Gange sein
  • Keine strafrechtlichen Verurteilungen, keine wiederholten Verurteilungen wegen irregulärem Aufenthalt und unerlaubter Arbeit sowie keine aufeinanderfolgenden Einreiseverbote in die Schweiz
  • Völlige finanzielle Unabhängigkeit und Schuldenfreiheit
  • Einer Arbeit nachgehen

Ein guter Grund also, sich in den verschiedenen Sans-Papiers-Kollektiven zur Unterstützung der Sans-Papiers in Ihrer Region zu engagieren!

Tipp: Als arbeitende:r Sans-Papier können Sie ohne Risiko einer Gewerkschaft beitreten. Jeden Tag führen die Gewerkschaften den Kampf für eine gerechte und solidarische Gesellschaft. Weil sie unabhängig von der rechtlichen Situation die Interessen aller Ihrer Mitglieder vertritt, kann eine Gewerkschaft Sie beraten und unterstützen, zum Beispiel bei Gerichtsverfahren.

Nützliche Adressen

Diese Seite wurde von der Gewerkschaft Unia in Zusammenarbeit mit den Anlaufstellen für Sans-Papiers erarbeitet.