Mehr Lohn: Erfolgreiche Branchen müssen Verantwortung übernehmen

Für Véronique Polito von der Unia-Geschäftsleitung ist klar: In vielen Branchen besteht Spielraum für eine Lohnerhöhung

Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Wirtschaft sind unterschiedlich: In einigen Sektoren geht es der Wirtschaft gut oder sogar sehr gut. Im Hinblick auf die Lohnrunde in diesem Herbst fordern die Gewerkschaften eine generelle Lohnerhöhung von 100 Franken pro Monat.

Die Covid-19-Krise hat wirtschaftliche und soziale Ungleichheiten offenbart. Ein Teil der Unternehmen, Selbständige und vor allem die Angestellten wurden hart getroffen. Gewisse Branchen jedoch haben sich rasch wieder erholt, beispielsweise der Personalverleih. Aber auch auf dem Bau, im Gewerbe, in der Logistik, in der Lebensmittel- und der Pharmaindustrie nimmt die Wirtschaft wieder Fahrt auf.

Moralische Pflicht erfolgreicher Unternehmen

Für die Unia besteht in vielen Branchen Spielraum für eine generelle Lohnerhöhung von 100 Franken. Die Branchen und Unternehmen, die gut abschneiden oder während der Krise gute Geschäfte gemacht haben, sind moralisch verpflichtet, die Kaufkraft und den wirtschaftlichen Aufschwung zu stützen. Die Arbeitnehmenden haben mit Höchstleistungen massgeblich zu diesem Erfolg beigetragen. Ihre Leistungen müssen anerkannt werden!

Vom Applaus kann man nicht leben

Ob im Gesundheitswesen, im Verkauf oder in der Logistik: Das Engagement der Mitarbeitenden in den so genannt essentiellen Branchen wurde während der Pandemie von allen Seiten hervorgehoben. Diese Branchen, zu denen auch die Online-Handelsriesen, die Grosshandelsvertriebe und die Detailhändler, internationale Ketten und öffentliche Institutionen zählen, müssen die Leistungen ihrer Angestellten anerkennen. Die Unia erwartet eine Lohnerhöhung von mindestens 100 Franken sowie eine Prämie von mindestens 2'000 Franken.

Lohngleichheit jetzt!

Eine generelle Lohnerhöhung in den essentiellen Dienstleistungsberufen ist auch ein Beitrag zur Lohngleichheit. Denn hier arbeiten grösstenteils Frauen - zu Tiefstlöhnen, welche kaum für ein Leben in Würde reichen. Jetzt ist der Moment, die Löhne in diesen «Frauenberufen» auf ein anständiges Niveau zu heben.

Für die vollständige Kompensation der Kurzarbeit

Das Gastgewerbe, die Tourismusbranche und die Uhrenindustrie sind von der Krise besonders betroffen. Dank der Kurzarbeit konnte hier bisher eine noch höhere Arbeitslosigkeit verhindern werden. Mit einem Arbeitslosengeld von 80% des Lohns stehen jedoch viele Arbeitnehmende, deren Lohn schon vor der Krise mehr schlecht als recht zum Leben reichte, vor existentiellen Problemen.

Zusammen mit 20'000 Arbeitnehmenden, die einen entsprechenden Appell unterzeichnet haben, fordert die Unia 100% Kurzarbeitsentschädigung für Nettolöhne bis 5000 Franken im Monat.

Die Lohnforderungen für die Unia-Branchen im Detail

  1. Bauhauptgewerbe: +100 Franken generell; +100 Franken auf die Mindestlöhne; bezahlte Pausen am Morgen und Nachmittag.
  2. Gewerbe: Für alle Branchen +100 Franken auf effektive Löhne; +100 Franken auf Mindestlöhne.
  3. Industrie: +100 Franken für alle.
  4. Detailhandel: Mindestlohn von mindestens 4'000 Franken (x13); Prämie von mindestens einem halben Monatslohn für Mitarbeitende Verkauf Food und Onlinehandel.
  5. Coop: +100 Franken, mit Vorrang für Tieflöhner/innen (Mindestlohn von mindestens 4’000 Franken x13) und für erfahrene Mitarbeitende (nach 5 und 10 Jahren).
  6. Migros: +100 Franken generell; mindestens 4'000 Franken (x13); Mindestlohn für erfahrene Mitarbeitende; Prämie von mindestens einem halben Monatslohn für Mitarbeitende Verkauf Food und Onlinehandel.
  7. Logistik: +100 Franken; Prämie von mindestens 2'000 Franken.
  8. Personalverleih: +150 Franken auf die Mindestlöhne (Ungelernte); Erhöhung der Mindestlöhne im Tessin auf das Niveau des kantonalen Mindestlohnes.