Forderungskatalog für die Uhrenindustrie: Respekt – mehr Lohn – mehr Zeit!

Ein im Rahmen des Frauenstreiks vom 14. Juni erarbeiteter Forderungskatalog wurde beim Arbeitgeberverband der schweizerischen Uhrenindustrie offiziell eingereicht. Dieser Katalog hat eine Gruppe von Frauen der Uhrenindustrie, die Mitglieder der Unia sind, erarbeitet und erstmals im Vallée de Joux präsentiert. Er verlangt Lohnerhöhungen, eine bessere Arbeitszeitgestaltung und mehr Respekt. Die Kommission der Uhrenindustrie der Unia hat die Forderungen verabschiedet und beschlossen, sie gemeinsam zu unterstützen.

In den Monaten vor dem Frauenstreik unterstützte die Unia die Erarbeitung von konkreten Forderungen, um die Situation der Frauen in der Uhrenindustrie (wo rund 25’000 Frauen arbeiten) zu verbessern und noch immer bestehende Ungleichheiten zu beseitigen. Die Mitglieder der Kommission der Uhrenindustrie der Unia haben an ihrer Sitzung vom vergangenen Donnerstag in Neuenburg beschlossen, die im Vallée de Joux vorgestellten Forderungen zu unterstützen.

Die Löhne müssen erhöht werden

2019 reichen die Mindestlöhne für ungelernte Personen, darunter viele Frauen, nicht aus, um mit einem oder mehreren unterhaltsbedürften Kindern ein würdiges und selbstbestimmtes Leben zu führen. Das Bruttolohngefälle zwischen Frauen und Männern beträgt in der Uhrenindustrie 24,8 Prozent. Das ist noch mehr als in der Privatwirtschaft im Allgemeinen! Zusammen mit der Unia fordern die Angestellten der Uhrenbranche deshalb eine unabhängige Kontrolle, um die Lohnungleichheiten zu ermitteln und zu berichtigen, sowie eine Anhebung der Mindestlöhne für alle, unabhängig vom Unternehmen. Es braucht konkrete Massnahmen, um in zehn Jahren nicht mit den gleichen inakzeptablen Zahlen konfrontiert zu sein.

Bessere Arbeitszeitgestaltung

Die Angestellten fordern einen Elternurlaub, der zwischen Vater und Mutter aufgeteilt werden kann (zusätzlich zum Mutterschaftsurlaub) und die Verpflichtung der Unternehmen, Betreuungslösungen finanziell oder materiell unterstützen zu müssen. Zur Verbesserung des Schutzes von schwangeren Frauen verlangen sie, dass während der Schwangerschaft kein Druck auf die Frauen ausgeübt wird und ihnen die Rückkehr an den Arbeitsplatz nach dem Mutterschaftsurlaub zugesichert wird. Die Teilzeitarbeit muss zudem erleichtert werden. Im Zusammenhang mit der Betreuung von Angehörigen sieht der Forderungskatalog insbesondere vor, dass im Fall eines kranken Kindes nicht systematisch ein Arztzeugnis verlangt werden darf.

Mehr Verantwortung für die Frauen und Beendigung der sexuellen Belästigung

In der Uhrenbranche gibt es in Führungspositionen viel zu wenig Frauen (1,1 Prozent). Es braucht deshalb einen besseren Zugang zu Kader- und Führungspositionen, besonders aber auch zu Stellen mit höheren Qualifikationen. Belästigungen am Arbeitsplatz werden nach wie vor tabuisiert, auch wenn sie eine beunruhigende Realität sind. Bei sexistischem Verhalten und sexueller Belästigung muss ungeachtet der Hierarchiestufe der beschuldigten Mitarbeitenden eine Nulltoleranz-Politik angewendet werden.

Allgemeinverbindlicherklärung des GAV

Mehr als 8000 Arbeitnehmende der Branche sind nach wie vor nicht durch den fortschrittlichen Gesamtarbeitsvertrag geschützt. Der Forderungskatalog verlangt, dass der GAV der Uhrenindustrie allgemeinverbindlich erklärt wird (AVE). Zusammen mit den Angestellten der Uhrenindustrie erwartet die Unia nun vom Arbeitgeberverband, dass er seine Verantwortung wahrnimmt und gestützt auf diesen Forderungskatalog den Ungleichheiten in der Uhrenindustrie ein Ende setzt. Die Arbeitgeber können die starke Botschaft vom 14. Juni nicht länger ignorieren!