30 Jahre Asbestverbot in der Schweiz: Immer noch Handlungsbedarf!

Vor 30 Jahren, am 1. März 1990, trat in der Schweiz das Asbestverbot in Kraft – als einem der ersten Länder weltweit. Zu verdanken ist das nicht zuletzt der aktiven Kampagne der Gewerkschaften und ihrer Verbündeten. Das Asbestverbot ist ein Meilenstein in der Bewältigung der Asbestkatastrophe – doch es bleibt viel zu tun. In einem aktuellen Bericht schaut die Unia zurück und stellt zukunftsgerichtete Forderungen.

Am 1. März 1990 trat in der Schweiz das Asbestverbot in Kraft. Nach einigen skandinavischen Ländern gehörte die Schweiz damit zu den ersten Ländern, die diesen Schritt vollzogen – was nicht selbstverständlich war: Immerhin war die Schweiz Standort eines der grössten Produzenten von asbesthaltigen Produkten, der Eternit AG.

Lange verkannte Gefahr

Bis Ende der 1970er Jahre waren die Gesundheitsrisiken von Asbest fast nur unter Fachleuten ein Thema. Die Asbestlobby der Industrie sorgte dafür, dass die Gefahren lange unter dem Deckel blieben. Und da es sehr lange dauert, bis asbestbedingte Erkrankungen ausbrechen, war auch das Bewusstsein in der breiten Bevölkerung kaum vorhanden.

Erfolgreiche gewerkschaftliche Kampagne

In den 1980er-Jahren lancierten die Gewerkschaften mit Hilfe von Ärzten und Umweltkreisen offensiv eine mehrjährige Kampagne für das Asbestverbot. So gelangte das Thema an die Öffentlichkeit und auf die politische Bühne. Dutzende von politischen Vorstössen auf lokaler, kantonaler und nationaler Ebene brachten sukzessive die Wende – und schliesslich den Asbestverbot-Beschluss des Bundesrats. Die Annahme, dass das Asbestproblem damit gelöst sei, sollte sich aber als folgenschwerer Trugschluss erweisen.

Neuer Fokus: Asbestexposition bei Abbruch- und Umbauarbeiten

Nach und nach zeigte sich jedoch, dass die Zahl der asbestbedingten Krankheiten und Todesfälle auch nach dem Verbot weiter zunahm und immer noch sehr hoch ist. Die neuen Zahlen der Suva, die für die Jahre 2018 bis 2040 ca. 3900 neue Fälle von Brustfellkrebs (Mesotheliom) prognostizieren, weisen darauf hin, dass unsere Gesellschaft noch lange damit beschäftigt sein wird.

Der Grund: In Geräten und technischen Einrichtungen, vor allem aber in zahlreichen Gebäuden ist immer noch Asbest enthalten. Bei Abbruch- und Umbauarbeiten ohne entsprechende Schutzmassnahmen ist das Risiko einer Freisetzung der gefährlichen Fasern beträchtlich. Ab den 1990er Jahren rückte deswegen eine wirksame Präventionsarbeit in den Vordergrund. Trotz grosser Fortschritte bleibt diese bis heute eine ständige Herausforderung.

Entschädigung von Asbestopfern

Mit grosser Verspätung konnte ein Durchbruch bei der finanziellen Entschädigung und der psychosozialen Unterstützung der Asbestopfer erzielt werden: Der Entschädigungsfonds für Asbestopfer (EFA, www.stiftung-efa.ch) ist seit 2017 operativ. Zudem trat am 1.1.2020 die Verlängerung der Verjährungsfrist von 10 auf 20 Jahre in Kraft.

Forderungen der Gewerkschaften

Seit dem wegweisenden Asbestverbot von 1990 sind wichtige Fortschritte bei der Bewältigung der Asbestkatastrophe realisiert worden. Doch es bleibt viel zu tun. «30 Jahre Asbestverbot» ist deshalb eine wichtige Gelegenheit, um die Herausforderungen und die Forderungen der Gewerkschaften in Erinnerung zu rufen.

  • Die Prävention bleibt zentral: Die Schadstoffermittlungspflicht von Bauherren und Arbeitgebern muss durchgesetzt und behördlich kontrolliert werden. Betroffene Arbeitnehmende haben das Recht, über die Ergebnisse informiert zu werden. Arbeiten mit hoher Asbestfreisetzung dürfen nur von spezialisierten Unternehmen ausgeführt werden und müssen überwacht werden.
  • Der Entschädigungsfonds EFA muss weiter bekannt gemacht werden. Die Wirtschaft steht in der Pflicht, ihn zu äufnen.
  • Berufsbedingte Krebskrankheiten müssen insgesamt besser überwacht und Präventionsarbeit geleistet werden.
  • Es braucht ein weltweites Asbestverbot. Die Unia und Solidar Suisse engagieren sich dafür.