Aufweichung des Arbeitsgesetzes: Corona-Krise darf nicht zulasten der Arbeitsbedingungen gehen

Der Bundesrat hat letzten Freitag wichtige Entscheide zugunsten der Beschäftigten getroffen. Doch er hat auch in verschiedenen Bereichen den Schutz der Arbeitnehmenden gelockert. Die Gewerkschaft Unia hält klar fest, dass die gegenwärtige Pandemie nicht missbraucht werden darf, um die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern.

Der Bundesrat hat insbesondere in der Logistik- und Transportbranche sowie bei Kurierdienstleistungen massgebliche Schutzbestimmungen des Arbeitsgesetzes ausser Kraft gesetzt. Das ist problematisch, zumal die Arbeitnehmenden und ihre Gewerkschaften in keinem Fall konsultiert wurden. Deregulierungen sind nicht zulässig, ausser es gibt eine nachweisbare Notwendigkeit in absolut essenziellen Bereichen (Grundversorgung), die Sozialpartner werden einbezogen, stimmen geschlossen zu (Ausnahmebewilligung) und es gibt klare kompensatorische Massnahmen für die Arbeitnehmenden. Ausnahmen müssen zeitlich sehr beschränkt sein und sofort aufgehoben werden, sobald die Situation sich entschärft.

Transport: Chauffeur/innen am Limit

Für Chauffeur/innen wurden die Ruhezeitbestimmungen massiv gelockert: Innert zwei aufeinanderfolgenden Wochen sollen sie künftig bis zu 112 Stunden (statt 90) fahren, die vorgeschriebenen wöchentlichen Ruhezeiten werden von 45 auf 36 Stunden reduziert. Diese Massnahmen entstammen direkt dem Wunschzettel der grossen Detailhändler und dem Arbeitgeberverband ASTAG. Eine Ausweitung der Höchstarbeitszeiten, Verkürzung der Ruhezeiten und Abbau von Sicherheitsbestimmungen ohne Konsultation der Arbeitnehmerseite ist absolut inakzeptabel. Arbeitszeiten von 56 Stunden, während die Schulen geschlossen sind, sind gerade für Beschäftigte mit Kindern unzumutbar. Zudem gibt es genügend Chauffeur/innen mit den nötigen Zulassungen, die keine Arbeit haben und die zusätzlich eingestellt werden könnten.

Die Unia fordert für die Transportbranche:

  • Eine umgehende Konsultation der Arbeitnehmervertretungen; Ausnahmebestimmungen müssen tripartit beschlossen und umgesetzt werden; es braucht zudem eine Kompensation für zusätzlich geleistete Stunden.
  • Verstärkte Kontrollen der Schutzbestimmungen an den Arbeitsplätzen.

Kurierdienste: keine Förderung der Uberisierung

In Art. 7a der COVID-19-Verordnung werden Lieferdienste ermächtigt, sieben Tage die Woche Lebensmittel und andere Produkte zuzustellen. Auch diese Deregulierung wurde ohne Absprache mit den Arbeitnehmervertretungen beschlossen. Es ist nicht ersichtlich, warum die Zustellung von Fertiggerichten oder die Lieferung von online bestellten Artikeln jeden Tag notwendig sein soll, zumal für Personen mit besonderen Bedürfnissen (alte Menschen, Leute in Quarantäne, usw.) bereits Angebote bestehen. Es besteht die Gefahr, dass gerade Lieferdienste, die für schlechte Arbeitsbedingungen und Gesetzesbrüche berüchtigt sind, nun Extraprofite machen.

Die Unia fordert folgende Garantien:

  • Die Gesundheitschutzmassnahmen müssen auch bei Lieferdiensten überall eingehalten werden. Wo dies nicht der Fall ist, muss die Arbeit eingestellt werden.
  • Auch Kurier/innen müssen für zusätzlich geleistete Arbeitsstunden angemessen entschädigt werden.
  • Keine Uberisierung der Arbeitsbedingungen: Kurier-Unternehmen und Lieferdienste dürfen keine staatliche Unterstützung bekommen, wenn sie nicht anständige Arbeitsbedingungen anbieten. Es darf nicht sein, dass Geschäftsmodelle à la Uber / Uber Eats, die auf Schwarzarbeit basieren, direkt oder indirekt gefördert werden. Diese dürfen explizit nicht zur Grundversorgung gezählt werden.

Aufruf zu Solidarität, Respekt und Schutz

Gerade in unverzichtbaren Branchen wie Logistik und Transport, Pflege und Detailhandel leisten die Beschäftigten momentan Grosses. Umso wichtiger ist es, ihnen nicht nur zu danken und zu applaudieren, sondern auch für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen. Die Unia hat dazu einen öffentlichen Aufruf lanciert.