Lohnschere-Studie 2020: Schweizer Unternehmen bedienen CEOs und Aktionäre grosszügig

Die Corona-Krise hat die Gier der Aktionäre und CEOs in Bezug nach überhöhten Vergütungen nicht gedämpft. Ganz im Gegenteil: Die Ausschüttungen an Aktionäre steigen, und die Lohnschere hat sich weiter geöffnet. Die Aktionäre von 33 Schweizer Unternehmen streichen 63 Milliarden Franken ein. Einige Unternehmen schütteten gar Dividenden in Milliardenhöhe aus, obwohl sie Bundeshilfe bezogen. Unter diesen Bedingungen ist klar: Es darf es keine Lohnkürzungen oder Entlassungen bei den Beschäftigten geben.

Rekordgewinne für die Aktionäre, Existenzängste für die Arbeitnehmenden: So lässt sich die Studie der Gewerkschaft Unia zum Lohngefälle in der Schweiz zusammenfassen. Die Studie analysiert 37 Schweizer Unternehmen, von denen 33 an der Börse kotiert sind. Allein diese Unternehmen schütteten für das Jahr 2019 63 Milliarden Franken in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen an ihre Aktionäre aus (4,4 Milliarden mehr als im Vorjahr). Auch in diesem Jahr öffnet sich die Lohnschere weiter. Den grössten Unterschied zwischen dem tiefsten und dem höchsten Gehalt in ein und demselben Unternehmen gab es beim Pharmariesen Roche mit 1 zu 308. Im Durchschnitt der untersuchten Konzerne betrug das Verhältnis 1 zu 148 (gegenüber 1 zu 142 im Vorjahr).

Bei Roche, UBS und Nestlé kassieren die Manager am meisten

Severin Schwan, CEO von Roche, ist zugleich der Manager, der bei den missbräuchlichen Vergütungen obenaus schwingt. Er liess sich 15,1 Millionen Franken auszahlen. Das Podium der Gierigsten wird komplettiert durch Sergio Ermotti von der UBS mit 12,5 Millionen und Tidjane Thiam von der Credit Suisse, der trotz seines skandalbedingten Abgangs für das vergangene Jahr die Summe von 10,7 Millionen einstrich. Zudem tröstet ihn wohl die Abgangsentschädigung von 30 Millionen, also drei Jahresgehältern, über den Stellenverlust hinweg.

Dividendenausschüttung trotz Staatshilfe

Die Unanständigkeit hört aber nicht bei den Spitzengehältern auf. Inmitten der Corona-Krise haben mindestens sieben Unternehmen, die vom Bund durch Kurzarbeitsleistungen unterstützt werden, ihren Aktionären Dividenden in Höhe von insgesamt fast vier Milliarden Franken ausgezahlt. An der Spitze stehen LafargeHolcim, Lindt&Sprüngli und Sika. Fünf Firmen schütteten sogar mehr Dividenden aus als im Vorjahr. Dies ist besonders zynisch in einer Zeit, in der zahlreiche Arbeitsplätze bedroht sind und sich eine Rezession abzeichnet.

EMS Chemie: Familie Blocher vs. Arbeitnehmende

Die Studie untersucht auch die Unternehmen mit der ungleichsten Verteilung zwischen Kapital und Arbeit. Auch in diesem Jahr steht die EMS Chemie, das Unternehmen der Familie Blocher, an der Spitze. Der Konzern hat 2019 insgesamt 462 Millionen Franken an seine Aktionäre und mit 239 Millionen nur gut halb so viel an sein Personal ausbezahlt. Die drei Blocher-Töchter teilten als Hauptaktionärinnen fast 326 Millionen Franken unter sich auf. Während der Reingewinn pro Mitarbeitende 190'000 Franken betrug, beläuft sich der durchschnittliche Löhn auf bloss 86'000 Franken – mit Mitarbeitenden erhalten deutlich weniger als die Hälfte des von ihnen geschaffenen Werts. Als logische Fortsetzung dieser Abzockerei setzt sich die Blocher-Partei SVP (u.a. mit der Kündigungsinitiative) für Abschaffung von Mindestlöhnen und Gesamtarbeitsverträgen ein, weil diese «die Produktion verteuern», wie Magdalena Martullo-Blocher zu sagen pflegt.

Es braucht Unterstützung für die Arbeitnehmenden

Auf der unteren Seite der Lohnschere stehen die Arbeitnehmenden. Viele von ihnen haben in den letzten Monaten wegen Kurzarbeit nur 80 Prozent ihres normalen Gehalts erhalten haben. Eine Verkäuferin in Vollzeit mit Berufserfahrung erhielt in dieser Zeit z.B. ein Gehalt von 3888 Franken brutto pro Monat. Solche Ungleichheiten sind nicht akzeptabel. Die Unia fordert einen vollen Lohnausgleich bei Kurzarbeit für Beschäftigte mit tiefen und mittleren Löhnen. Zudem darf es keine Entlassungen aufgrund des Coronavirus geben.