Baupräsidenten schlagen Alarm: Grobe Missstände und kaum Kontrollen auf Baustellen

Fehlende Distanz, wenig Masken, keine Quarantäne trotz positiv getesteter Arbeitskollegen, kaum Kontrollen und wenn, dann angekündigt: Dies die erschütternde Bilanz der Unia-Baupräsidenten an ihrer Konferenz vom vergangenen Samstag. Die Bauarbeiter fordern von den Firmen die Einhaltung der Schutzmassnahmen, zusätzliche Pausen bei Arbeit mit Maske und von den Kantonen sowie der Suva endlich wirksame Kontrollen. Sonst wird sich die Verbreitung des Virus auf den Baustellen kaum bremsen lassen.

Am vergangenen Samstag trafen sich die Präsidenten der regionalen Baugruppen der Gewerkschaft Unia unter Einhaltung der Schutzmassnahmen zu ihrer vierteljährlichen Konferenz. Es sind alles aktive Bauarbeiter, die tagtäglich auf der Baustelle arbeiten. Ihre Bilanz zur aktuellen Covid-Situation auf dem Bau war erschütternd.

Keine Distanz, fehlendes Schutzmaterial und Arbeit trotz kranker Kollegen

Die Arbeit auf vielen Baustellen läuft aktuell wie vor Covid-19. In der ersten Welle gab es eine erhöhte Sensibilität und spezifische Massnahmen, jetzt kaum mehr – trotz viel höherer Fallzahlen. Weder wird die Arbeitsweise so angepasst, dass das Social Distancing eingehalten werden kann, noch wird bei fehlender Distanz konsequent mit Masken gearbeitet. Ein guter Teil der sanitären Einrichtungen ist wieder auf einem bedenklichen Niveau, zum Teil fehlen fliessendes Wasser und insbesondere für Temporärbeschäftigte auch Schutzmaterial.

Zudem wären mehr Covid-Tests nötig: Wenn ein Bauarbeiter positiv ist, werden selbst bei den Kollegen, mit denen er nahe zusammengearbeitet hat, keine Tests durchgeführt. Und da Baufirmen zum Teil drohen, den Lohn während der Quarantäne nicht weiterzuzahlen, kommen Bauarbeiter auch mit Symptomen zur Arbeit. Am besten sieht die Situation noch aus bezüglich der Pausenräume. Hier berichtet eine Mehrheit der Baupräsidenten (aber nicht alle) von zusätzlichen Baracken und mehr Platz.

Zuwenig Kontrollen und wenn, dann angekündigt

Von den 13 Baupräsidenten hat im Verlauf des letzten Monats gerade mal ein Baupräsident eine Kontrolle auf einer Baustelle erlebt. Diese wurde allerdings vorher angekündigt, so dass die Arbeit an diesem Tag – und nur an diesem Tag – anders organisiert und die sanitären Einrichtungen gereinigt wurden.
Es ist kein Wunder, dass bei dieser (fehlenden) Kontrollintensität die Schutzmassnahmen nicht eingehalten werden. Dies wäre umso notweniger, weil viele Baustellen unter höchstem Termindruck arbeiten müssen. Bauherren verlangen trotz unverschuldeter Verzögerungen im Frühling und Sommer die Einhaltung der ursprünglichen Termine. Viele Baupräsidenten berichten von Überstunden, 12-Stunden-Tagen und daher auch fehlender Zeit für Schutzmassnahmen.

Unia-Baupräsidenten schlagen Alarm und haben klare Forderungen

Wenn sich die Situation auf den Baustellen nicht rasch ändert, dürfte sich die Verbreitung des Virus auf den Baustellen kaum bremsen lassen. Die Baupräsidenten haben daher klare Forderungen:

  • Die Firmen müssen dafür sorgen, dass die Schutzmassnahmen umgesetzt werden und die Arbeitsorganisation anpassen.
  • Wo Distanz nicht möglich ist, müssen Masken zur Verfügung gestellt und getragen werden. Weil körperlich schwere Arbeit mit Maske anstrengend ist, müssen die Firmen alle zwei Stunden eine zusätzliche bezahlte Pause von 10 Minuten gewähren.
  • Bei Covid-Fällen auf der Baustelle braucht es Tests für die Kollegen, die direkt mit den erkrankten Bauarbeitern gearbeitet haben, und Quarantäne mit Lohnfortzahlung bis die Testergebnisse vorliegen.
  • Es braucht endlich mehr und wirksame Kontrolle. Hier sind die Kantone und die Suva in der Pflicht. Die Unia hat wiederholt vorgeschlagen, dass die Kontrollorgane der Sozialpartner bei den Kontrollen unterstützen können. Aus unverständlichen Gründen lehnen Arbeitgeber und verschiedene Kantone das ab.