Etwas mehr Fundament, etwas weniger Polemik

Auf dem Bau braucht es verhandlungsfähige Verbände, um gute Lösungen für alle zu erzielen. (Foto: Manu Friedrich)

In der «Kolumne zum Donnerstag» vom «baublatt» beschäftigt sich Nico Lutz, Sektorleiter Bau bei der Unia, mit der Vertragspartnerschaft zwischen dem Baumeisterverband und den Gewerkschaften.

Der Direktor des Schweizerischen Baumeisterverbands als Agent 007? Ein etwas abenteuerliches Bild, das der Direktor des Schweizerischen Baumeisterverbands in seiner letzten Kolumne im Baublatt zeichnet. Nicht abenteuerlich, aber besorgniserregend ist in der gleichen Kolumne seine Haltung zur Vertragspartnerschaft.

Lohnerhöhungen auf dem Bau für 2022

Die Bauarbeiter fordern für nächstes Jahr eine generelle Lohnerhöhung. Das haben die Basismitglieder – alles Bauarbeiter – an einer Delegiertenversammlung im Juni beschlossen. Weil die Baukonjunktur boomt, weil die Bauarbeiter einen harten Job machen, weil die Teuerung anzieht und es schon letztes Jahr keine generelle Lohnerhöhung gab. Eine verdiente Lohnerhöhung für die Bauarbeiter, die kein Homeoffice hatten und unter schwierigen Bedingungen weitergearbeitet haben.

Chabis ist auch die Behauptung, dass die Mitgliederbeiträge der Gewerkschaften nach einer Lohnerhöhung angehoben werden. Ich weiss nicht, ob die Baumeister falsch informiert sind oder absichtlich Unwahrheiten streuen.

70 Prozent der Bauarbeiter sind bei einer Gewerkschaft

Wichtiger ist aber die Diskussion über das Grundwesen der Vertragspartnerschaft. Keine Frage: Beim Aushandeln von Gesamtarbeitsverträgen treffen unterschiedliche Interessen aufeinander. Es gibt aber ein gemeinsames Ziel: Sich auf Lösungen zu verständigen, die am Schluss allen etwas nützen.

Das Fundament dafür ist klar: Es braucht auf beiden Seiten handlungsfähige Verbände, die ihre Mitgliedschaft vertreten. Es gibt einen Grund, warum die Mehrheit der Bauarbeiter – gesamtschweizerisch gegen 70 Prozent – gewerkschaftlich organisiert ist. Zusammen setzen sie sich mit Erfolg für ihre Anliegen ein. Darum gibt es auf dem Bau eine Rente mit 60 und auch einen mächtigen Gesamtarbeitsvertrag. Umgekehrt haben wir ein Interesse daran, dass der Baumeisterverband bei den Firmen gut verankert ist. Denn wie soll man Abmachungen für die ganze Branche treffen, wenn die beteiligten Verbände nicht repräsentativ sind?

Ein Gesamtarbeitsvertrag braucht starke Verbände

Es ist ein Problem, dass fast die Hälfte der Baufirmen nicht mehr Mitglied beim Baumeisterverband ist. Wirklich eine verkehrte Welt: Statt den Baufirmen zu erklären, dass es eine starken Baumeisterverband braucht, versucht der Direktor des Baumeisterverband zu erklären, warum es keine starken Gewerkschaften braucht.

Nur: Starke Verbände sind die Basis für einen Gesamtarbeitsvertrag. Und Lösungen für die Herausforderungen auf dem Bau erreichen wir nicht mit Polemik. Es besteht dringender Handlungsbedarf. Mehr als jeder zehnte Maurer verlässt die Branche nach Lehrabschluss innert weniger als fünf Jahren. Das sind dreimal mehr als in den anderen Berufen. Und bekanntlich sinkt die Zahl der neuen Bau-Lehrlinge seit Jahren dramatisch.

Schaffen wir ein Fundament für die Zukunft

Verzichten wir also auf Polemik und Agentenvergleiche, bleiben wir bei der Realität. Konzentrieren wir uns darauf, ein echtes Fundament für die Zukunft der Bauwirtschaft zu schaffen. Aus unserer Sicht: bessere Arbeitsbedingungen und weniger Termindruck, eine Beteiligung der Bauarbeiter am Resultat ihrer Arbeit. Und verhandeln wir unter starken Partnern, statt uns gegenseitig schwächen zu wollen.