«Partizipationskultur»: Kanton Waadt geht mit gutem Beispiel voran

Anfang 2018 tritt das neue Bürgerrechtsgesetz in Kraft. Im Hinblick darauf hat der Regierungsrat des Kantons Waadt alle Einwohner/innen ohne Schweizer Pass, welche die Voraussetzungen erfüllen, eingeladen, noch vorher Einbürgerungsgesuche zu stellen. Nach der Basler und der Genfer manifestiert damit auch die Waadtländer Regierung eine Partizipationskultur gegenüber Migrant/innen, von denen auch andere Kantone lernen könnten.

In der Schweiz leben rund 900‘000 Menschen, die sich einbürgern lassen könnten, weil sie schon über 12 Jahre hier leben. Rund 180‘000 sind hier geboren, rund 120‘000 sind als Kinder oder Jugendliche in unser Land gekommen. Sie prägen unsere Gesellschaft und sind Teil von ihr. Es müsste im ureigensten Interesse der Schweiz liegen, möglichst viele von ihnen als mündige, aktive Bürger und Bürgerinnen zu gewinnen. Dazu aber braucht es eine Partizipationskultur, die den Migrant/innen vermittelt, dass sie willkommen sind, zur Schweiz gehören und ihre Einbürgerung erwünscht ist.

Das hat jetzt auch der Bundesrat in seiner Antwort zu einer Interpellation von Ständerat Paul Rechsteiner Ende Mai bestätigt: «Der Bundesrat hat ein generelles Interesse daran, dass sich alle hier lebenden Personen mit der Schweiz und ihren Institutionen verbunden fühlen […]. Der Bundesrat begrüsst es, wenn die zuständigen Behörden der Gemeinden, der Kantone sowie des Bundes die ausländische Bevölkerung über die Möglichkeit zur Einbürgerung informieren.»

Kantone als Vorreiterinnen

Nach den Kantonen Genf und Basel hat nun auch der Regierungsrat des Kantons Waadt einen Schritt in diese Richtung getan. Er hat gestern in einem Aufruf alle Einwohner/innen ohne Schweizer Pass eingeladen, sich einbürgern zu lassen. Der Aufruf manifestiert gegenüber Migrant/innen eine Partizipationskultur, die vielen anderen Behörden noch immer fremd ist.

Die Gewerkschaft Unia begrüsst diese Initiative und hofft, dass weitere Kantonsregierungen ihr folgen. Die Unia bereitet ihrerseits zusammen mit dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund eine Kampagne vor, um Migrant/innen, die seit Jahren bei uns leben, zur Einbürgerung zu bewegen. Gleichzeitig setzt sie sich dafür ein, dass die administrativen und politischen Hürden abgebaut werden. Denn nur mit einer Einbürgerung können Migrant/innen ihre politische Rechte wahrnehmen und aktiv in der Gesellschaft teilnehmen.