Entscheide des Ständerats zum Bürgerrecht: Ein halbherziger Entscheid für eine Stärkung der Demokratie

Der Ständerat hat heute die Motion von Lisa Mazzone (Grüne) für eine erleichterte Einbürgerung der zweiten Generation an die zuständige Kommission überwiesen. Diejenige von Paul Rechsteiner (SP) für ein ius soli (Staatsbürgerschaft mit der Geburt in der Schweiz) wurde leider abgelehnt. Die Gewerkschaft Unia ist enttäuscht und seht hier eine verpasste Chance, die Rechte hier geborener «Ausländer:innen» zu stärken.

Mit dem heutigen Entscheid anerkennt die kleine Kammer, dass in Sachen Einbürgerungen Handlungsbedarf besteht. Es ist ein Teilerfolg im Kampf für ein modernes Bürgerrecht, zumal der Bundesrat die beiden Vorstösse in der Antwort zu den beiden Motionen zur Ablehnung empfohlen hatte. Die Ablehnung des Vorstosses von Paul Rechsteiner ist unverständlich, zumal es bei den hier geborenen Kindern um Personen handelt, die zu «Ausländer:innen» gemacht werden, obwohl sie in der Schweiz geboren sind und hier einen wichtigen Beitrag leisten.

Ein Viertel der Bevölkerung ohne Mitbestimmungsrechte

Das neue Bürgerrechtsgesetz von 2018 hat die Einbürgerungshürden erhöht und gilt als eines der restriktivsten weit und breit. Das zeigen auch die rückläufigen Einbürgerungszahlen. Die Schweiz schliesst rund ein Viertel der Bevölkerung der Staatsbürgerschaft und damit von der politischen Mitbestimmung und gleichen Rechten.

Gleichberechtigte Teilhabe an der Demokratie ist gut für die Schweiz

Fünfzig Jahre nach der Einführung des Frauenstimmrechts ist es Zeit für einen weiteren Schritt hin zu einer ganzheitlichen Demokratie. Der Weg zu vollwertiger und gleichberechtigter Teilhabe ist ein inklusives Bürgerrecht, das verschiedene Aspekte umfasst: das Recht, an Wahlen und Abstimmungen teilzunehmen, das Recht auf sicheren Aufenthaltsstatus und Zugang zur Einbürgerung und – vor allem – das Recht, als vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft anerkannt zu werden.

Inklusives Bürgerrecht bleibt auf der Agenda

Die Unia will nicht, dass sich Menschen das Bürgerrecht durch Anpassung «verdienen» müssen. Wer in der Schweiz geboren ist, gehört zur Schweiz und soll sämtliche Bürgerrechte haben. Die Unia fordert das Recht auf gleichberechtigte Teilhabe an der Demokratie, weil das solidarisch ist und uns als Gesellschaft und als Arbeitnehmende stärkt. Die Unia wird deshalb alle Bestrebungen unterstützen, die ein modernes Bürgerrecht fordern, damit die gelebte Vielfalt in der Schweiz nicht nur aus Pflichten für Migrant:innen, sondern auch aus Rechten besteht. Unia-Präsidentin Vania Alleva gehört zu den Erstunterzeichner:innen des Manifestes für ein modernes Bürgerrecht, das von der Aktion Vierviertel lanciert wurde.