«Amigos»: Migros darf sich nicht aus der Verantwortung stehlen

Die Migros will ihren Dumping-Lieferdienst «Amigos» per 11. Dezember einstellen. Dies teilte sie heute ihren «Bringern» (so heissen die Lieferant/innen) mit. Die Unia begrüsst die Einstellung des Dienstes, der auf scheinselbständiger Arbeit und Dumpinglöhnen beruht. Die Migros darf sich aber nicht aus der Verantwortung stehlen. Sie schuldet den Lieferant/innen Löhne, Auslagenersatz für die Nutzung privater Geräte und Sozialversicherungsbeiträge. Zudem muss die Migros ein Konsultationsverfahren einleiten, da es sich um eine Massenentlassung handelt.

Seit eineinhalb Jahren lässt die Migros mit der Plattform «Amigos» scheinselbständige «Bringer» Einkäufe ausliefern. Diese erhalten einen Dumpinglohn von 7.90 Franken pro gelieferte Einkaufstasche und sind ohne Unfall-, Krankentaggeld- oder Altersversicherung unterwegs. Die Einstellung dieses Dienstes beendet einen unhaltbaren Zustand.

Migros muss nachbezahlen

Für die Migros ist die Geschichte aber nicht erledigt, wenn sie den Dienst einstellt. Sie schuldet den Lieferant/innen auch rückwirkend die Differenz zu einem anständigen Lohn (Richtwert muss der GAV-Lohn der Migros sein), Auslageersatz für die Nutzung privater Geräte (Mobiltelefon) und Fahrzeuge sowie AHV-Beiträge, sofern die Lieferant/innen die Einkommensschwelle von 2'300 Franken pro Jahr überschreiten oder die Entrichtung von Beiträgen wünschen.

Gesetz schreibt Konsultationsverfahren vor

Da es sich bei den «Amigos» um Angestellte der Migros handelt (so hielt es kürzlich die AHV-Ausgleichskasse des Kantons Zürich fest), kommt die Einstellung des Dienstes einer Massenentlassung gleich. Die Migros muss daher (laut Artikel 335 d ff. OR) ein Konsultationsverfahren einleiten und die gesetzlichen Fristen einhalten. Eine Kündigung aller «Amigos» mit einer zweiwöchigen Frist, wie sie die Migros per E-Mail an alle Lieferant/innen ausgesprochen hat, ist nicht zulässig.