BVG-Mindestzinssatz: Der Rentenklau geht weiter

Der Bundesrat entscheidet in den nächsten Tagen darüber, zu welchem Mindestzinssatz die Guthaben der 2. Säule im Jahr 2019 verzinst werden sollen. Eine Senkung des Zinssatzes würde nicht nur das Vertrauen in die 2. Säule erschüttern, sondern hätte längerfristig auch tiefere Renten zur Folge. Das kommt für die Unia nicht in Frage. Bei der Höhe der Leistungen soll das Volk das letzte Wort haben.

Die Mehrheit der Eidgenössischen Kommission für die berufliche Vorsorge empfiehlt dem Bundesrat, den BVG-Mindestzinssatz auf 0,75 Prozent zu senken (für 2018 beträgt der Zinssatz 1%). Während die Versicherungsgesellschaften der BVG-Kommission vorschlugen, den Zinssatz auf 0,25 Prozent zu senken, empfahlen die Gewerkschaften eine Erhöhung auf 1,25 Prozent, um durch einen Teuerungsausgleich zumindest die Werterhaltung des Kapitals der Versicherten zu garantieren.

Rückkehr der Inflation und Rentensenkung

Falls der Bundesrat der Empfehlung der Kommission folgen sollte, spricht viel dafür, dass die Renten der Versicherten längerfristig noch mehr schrumpfen werden. Den Schätzungen des Seco und der KOF zufolge dürfte die Inflation im nächsten Jahr mindestens 1 Prozent betragen. Eine Senkung auf 0,75 Prozent würde bedeuten, dass das von den Versicherten in der 2. Säule angesparte Kapital an Wert verliert. Dazu kommt, dass die Pensionskassen ihren Umwandlungssatz weiterhin massiv senken. Die Versicherten werden somit doppelt bestraft: durch einen Wertverlust ihres Kapitals und durch eine Senkung des Umwandlungssatzes bei der Pensionierung.

Vertrauen in die 2. Säule wird erschüttert

Eine Senkung des Mindestzinssatzes im aktuellen Kontext käme einer Desavouierung der 2. Säule gleich. Die Pensionskassen erzielten in den vergangenen fünf Jahren eine durchschnittliche Performance von jährlich rund 4,5 Prozent und im vergangenen Jahr gar von 8 Prozent (Quelle Credit Suisse Schweizer Pensionskassen Index, 3. Quartal 2018). Vor diesem Hintergrund wäre es für die Versicherten unverständlich, warum ihr Alterskapital zu weniger als 1 Prozent verzinst wird. Damit würde lediglich das Vertrauen in die 2. Säule als Sozialversicherung geschwächt.

Das Volk muss weiterhin über die Rentenhöhe befinden können

Der Vorschlag der mehrheitlich aus Technokraten bestehenden BVG-Kommission zeigt einmal mehr, dass das Volk oder seine Vertreter/innen das letzte Wort haben müssen. Regelmässig werden Vorschläge gemacht oder Vorstösse eingereicht, die darauf abzielen, dem Volk wegen der angeblichen Komplexität des Systems das Recht auf Festlegung der Rentenhöhe zu entziehen. Der Umwandlungssatz bestimmt die Höhe der Rente. Dieser muss weiterhin vom Parlament oder im Fall eines Referendums vom Volk festgelegt werden können. Der Bundesrat kann diese Woche beweisen, dass er sein Vertrauen weiterhin in unser Altersvorsorgesystem setzt und nicht in die mathematischen Formeln von Fachpersonen, deren Unabhängigkeit fraglich ist.