Unia-Umfrage zeigt Missstände in der Logistik- und Transport-Branche

Die Logistik- und Transport-Branche ist in Corona-Zeiten stark exponiert. Eine Erhebung der Gewerkschaft Unia mit knapp Tausend Rückmeldungen zeigt, dass es bei der Umsetzung der Schutzmassnahmen hapert. Es braucht dringend grössere Anstrengungen der Arbeitgeber sowie mehr und bessere Kontrollen durch die Behörden. Die Unia fordert auch eine generelle Aufwertung der Logistik-Berufe und eine Corona-Prämie für die Beschäftigten.

Die Beschäftigten in der Logistik und im Transport sind aufgrund des hohen Arbeitsanfalls und vieler Kundenkontakte derzeit besonders exponiert. Deshalb hat die Unia ein Online-Meldeformular bereitgestellt, wo Angestellte aus der Branche Verstösse gegen die Schutzmassnahmen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) melden können.

Schutzmassnahmen werden ungenügend umgesetzt

43 Prozent der Rückmeldungen beanstanden, dass der Mindestabstand von zwei Metern zwischen Arbeitnehmenden nicht permanent eingehalten wird. Bei einem Drittel werden Arbeitsmittel (Hubwagen, Führerhaus, Lenkrad, Arbeitsflächen) nicht regelmässig desinfiziert oder sie verfügen über kein Desinfektionsmittel, um dies selbst zu tun. Bei 28 Prozent wurden auch im Kontakt mit Kund/innen keinerlei Massnahmen getroffen, um den direkten Kontakt zu reduzieren.

Teilweise verantwortungsloser Umgang mit Erkrankungen

Erschreckend ist teilweise auch der Umgang mit Covid-19-Verdachtsfällen. In 36 Prozent der gemeldeten Fälle ist nicht gewährleistet, dass Angestellte, welche in Kontakt mit Covid-19-Infizierten standen, während zehn Tagen bei vollem Lohn zu Hause in Quarantäne bleiben können. In 19 Prozent der Fälle ist auch nicht sichergestellt, dass Mitarbeiter/innen mit Symptomen wie Husten und Fieber nach Hause geschickt werden.

Viele Kantone schauen weg

Die Unia meldet die zum Teil schockierenden Verstösse gegen den Gesundheitsschutz in den Logistik- und Transport-Betrieben systematisch den Kontrollbehörden in den Kantonen. Die Qualität der behördlichen Kontrollen ist in einem Grossteil der Kantone äusserst schlecht. Oft angekündigt, ohne direkten Einbezug der Arbeitnehmenden und praktisch immer ohne Sanktionen für die Betriebe, schützen diese einseitig die Unternehmen und setzen ihre Aufgabe im öffentlichen Interesse und zum Schutz der Arbeitnehmenden nicht um. Kein einziger Betrieb wurde eingestellt. Es fehlt offensichtlich an Kompetenz, Willen und Ressourcen in den Kantonen.

Unia fordert mehr Kontrollen und Corona-Prämie

Auch wenn viele Logistik-Betriebe die Situation ernst nehmen, gibt es grossen Handlungsbedarf in der Branche. Die Unia fordert die Kantone auf, deutlich mehr Kontrollen in Logistik- und Transport-Unternehmen durchzuführen. Die Gewerkschaft hat zudem eine für die Branche angepasste Checkliste erarbeitet und verlangt von den Arbeitgeberverbänden, sozialpartnerschaftlich Schutzmassnahmen umzusetzen. Mittelfristig braucht es zudem eine Aufwertung der Logistik-Berufe mit Lohnerhöhungen und einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Als Sofortmassnahme fordert die Unia die Betriebe auf, ihren Angestellten eine Risikoprämie von 50 Franken pro Arbeitstag als Lohnzuschlag auszuzahlen. Denn die Beschäftigten in Logistik und Transport leisten derzeit einen überaus wichtigen Beitrag zum Funktionieren unserer Gesellschaft.