Beschäftigte im Gastgewerbe beschreiben Missstände

Eine Umfrage der Gewerkschaft Unia bei Beschäftigten im Gastgewerbe wirft ein schlechtes Licht auf die Arbeitsbedingungen in der Branche. Sexuelle Belästigung und Mobbing bleiben ein grosses Problem. Die Arbeitsplanung erfolgt oft zu kurzfristig, Beschäftigte werden häufig ausserhalb der Arbeitszeiten vom Chef kontaktiert, Pausen und freie Tage werden gestrichen. Eine grosse Mehrheit der Befragten ist zudem mit ihrem Lohn nicht zufrieden. Die Unia fordert Verbesserungen im neuen Landes-Gesamtarbeitsvertrag des Gastgewerbes (L-GAV) und ruft insbesondere die Frauen auf, am 14. Juni für ihre Rechte auf die Strasse zu gehen.

Die Ergebnisse der Umfrage bezüglich Mobbing und sexueller Belästigung sind erschreckend. 42 Prozent der Befragten gaben an, dass sie auf der Arbeit schon Opfer von Mobbing geworden sind. Und 27 Prozent haben sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt. In drei Viertel der Fälle von Belästigung oder Mobbing war der Täter entweder der Vorgesetzte (37 Prozent) oder ein:e Arbeitskolleg:in (39 Prozent). Besonders schlimm: Nur knapp jede vierte Person, die Belästigung oder Mobbing ausgesetzt war, hat Unterstützung von ihrem Chef erhalten (23 Prozent).

Arbeitsplanung oft zu kurzfristig

Besonders schlecht schneiden die Arbeitgeber des Gastgewerbes laut der Umfrage bei der Arbeitsplanung und den Arbeitszeiten ab. Nur ein Drittel (33 Prozent) erhält die Arbeitsplanung immer zwei Wochen im Voraus, wie es im Gesetz und L-GAV vorgeschrieben ist. Ein Viertel (23 Prozent) erhält «manchmal» kurzfristiger die Einsätze, ganze 40 Prozent «meistens», während 4 Prozent sowieso meist auf Abruf arbeiten. Zwei Drittel der Befragten (65 Prozent) berichten, dass ihnen manchmal die Pausen oder sogar freie Tage gestrichen werden, wenn viel Arbeit anfällt. Und rund drei Viertel werden permanent (23 Prozent) oder ab und zu (50 Prozent) während ihrer Freizeit vom Chef kontaktiert.

Die Löhne sind ungenügend

Grosse Unzufriedenheit drücken die Beschäftigten auch mit ihren Löhnen aus. 83 Prozent finden, dass ihr Lohn absolut zu tief ist (40 Prozent) oder dass sie für ihre Leistung mehr verdienen würden (43 Prozent). Fast ein Drittel (30 Prozent) gibt an, dass nicht alle Arbeitsstunden bezahlt werden, während 22 Prozent dies nicht wissen oder nicht kontrollieren können.

Lohnungleichheit bleibt ein Problem

Auch bei der Lohngleichheit gibt es ein Problem mit der Transparenz. Während 21 Prozent sagen, in ihrem Betrieb verdienten Frauen weniger als Männer, gibt eine Mehrheit von 56 Prozent an, dass sie dies nicht wisse oder nicht überprüfen könne. Nur 23 Prozent sagen, es gebe in ihrem Betrieb keinen Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern.

Vorschläge für Verbesserungen liegen auf dem Tisch

Für die Unia ist klar, dass es im Gastgewerbe rasche Verbesserungen braucht. Die Vorschläge dazu liegen auf dem Tisch: Im Februar hat die Gewerkschaft ein Manifest der Beschäftigten im Gastgewerbe mit über 10'000 Unterschriften an den Arbeitgeberverband Gastrosuisse überreicht. Darin fordern die Beschäftigten unter anderem bessere Löhne, eine rechtzeitige Arbeitsplanung, die Bezahlung aller geplanten Stunden, ein Recht auf Nichterreichbarkeit ausserhalb der Arbeitszeit und effektive Massnahmen gegen Belästigung und Mobbing.

Auf die Strasse am 14. Juni

Die Unia ruft die Beschäftigten im Gastgewerbe zur massiven Teilnahme am Frauenstreik vom 14. Juni auf, um ihren Forderungen erneut Gehör zu verschaffen. Zuletzt hatten auch die Delegierten der Unia-Branchenkonferenz des Gastgewerbes in einer Resolution ihre Unterstützung für den Frauenstreik beschlossen.

An der Umfrage der Unia haben sich rund 260 Frauen und Männer aus dem Gastgewerbe und der Hotellerie beteiligt. Die Umfrage ist statistisch nicht repräsentativ, zeigt aber deutlich, wo die grössten wahrgenommenen Probleme in der Branche liegen.

Die Ergebnisse der Umfrage auf einen Blick