«Landsgemeinde» der Bauarbeiter in Olten

Heute haben sich in Olten über 250 Bauarbeiter aus der ganzen Schweiz zu einer «Landsgemeinde Bau» versammelt. Sie diskutierten die Ausgangslage für die anstehende Erneuerung des Landesmantelvertrages (LMV) im Bauhauptgewerbe und machten klar, dass sie bereit sind, für mehr Schutz für ihre Gesundheit und bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen.

Ende Jahr läuft der LMV aus und muss neu verhandelt werden. Die erste Verhandlungsrunde hat Ende Februar stattgefunden. Dort machte sich die Gewerkschaftsdelegation für die Forderungen der Bauarbeiter stark, welche über 17’500 Bauarbeiter in einer breiten Abstimmung vergangenen Herbst festgelegt hatten. Sie setzen dabei den Akzent auf mehr Schutz für die Gesundheit und ein Ende des Stundenklaus.

Die Bauarbeiter fordern insbesondere:

  1. Klare Regeln für die Einstellung der Arbeit bei gefährlichem Schlechtwetter und extremer Hitze
  2. Weniger lange Arbeitstage
  3. Mehr Schutz vor Entlassung für ältere Bauarbeiter
  4. Voll bezahlte Reisezeit, Schluss mit Stundenklau
  5. Eine Woche mehr Ferien als Ausgleich zum steigenden Druck
  6. Eine zusätzliche bezahlte Pause
  7. Saubere Baustellen mit mehr Toiletten

Wie nötig Verbesserungen der Arbeitsbedingungen im Bauhauptgewerbe sind, zeigt der Fachkräftemangel auf allen Stufen drastisch auf. Die Zahl der Lehrlinge, welche in die Bauberufe einsteigt, hat sich in den letzten 10 Jahren halbiert. Jeder zweite Bauarbeiter steigt über kurz oder lang aus dem Beruf aus und wechselt die Branche. Es fehlen heute ausserdem auch immer mehr Baukader. Die Situation wird sich noch verschärfen, wenn in den kommenden Jahren die Babyboom-Generation in Rente geht.

Mehr Überstunden und weniger Lohn

Die Verhandlungsdelegation informierte an der Landsgemeinde auch über die Position des Schweizerischen Baumeisterverbandes (SBV). Obwohl die Arbeitgeber in der ersten Verhandlungsrunde im Februar ihre konkreten Forderungen noch verdeckt hielten, machten sie klar, wohin die Reise gehen soll: längere Arbeitstage, noch mehr Überstunden und gleichzeitig Lohnabbau. Insbesondere sollen im Sommer Arbeitswochen von bis zu 50 Stunden zum Normalfall werden. In der öffentlichen Kommunikation droht der SBV zudem unverhohlen mit einem vertragslosen Zustand, falls die Bauarbeiter nicht auf die Abbau-Forderungen eingehen.

Es geht um viel – die Bauarbeiter sind bereit, zu kämpfen

Die Antwort der Bauarbeiter auf die Frontalattacke der Arbeitgeber blieb an der Versammlung nicht aus. «Wir bauen Häuser, Fabriken, Strassen, Brücken und Tunnels. Wir sorgen dafür, dass hier alle gut wohnen, die Unternehmen produzieren können und der Verkehr zirkuliert. Warum gibt es so wenig Respekt für uns und unsere Gesundheit?», brachte es ein Bauarbeiter auf den Punkt.

Die Bauarbeiter haben bereits begonnen, sich auf den Baustellen zu organisieren. Sie rufen zu einer grossen Kundgebung am 25. Juni in Zürich auf. Tausende von Bauarbeiter wollen da ein deutliches Zeichen setzen: Wir sind bereit, für bessere Arbeitsbedingungen und einen guten Vertrag zu kämpfen! Um dies zu unterstreichen, zogen die Teilnehmenden im Anschluss an die Versammlung auf die Bahnhofbrücke in Olten für eine symbolische Aktion.