Gastgewerbe: Beschäftigte beschreiben Missstände

Eine Umfrage der Unia bei Beschäftigten im Gastgewerbe wirft ein schlechtes Licht auf die Arbeitsbedingungen in der Branche. Sexuelle Belästigung und Mobbing bleiben ein grosses Problem. Die Arbeitsplanung erfolgt oft zu kurzfristig, Beschäftigte werden häufig ausserhalb der Arbeitszeiten vom Chef kontaktiert, Pausen und freie Tage werden gestrichen. Eine grosse Mehrheit der Befragten ist zudem mit ihrem Lohn nicht zufrieden. Und bezüglich Lohngleichheit mangelt es an Transparenz.

Resultate der Umfrage

Die Umfrage fand zwischen Februar und April 2023 online statt. Insgesamt haben sich rund 260 Frauen und Männer aus dem Gastgewerbe und der Hotellerie beteiligt. Die Umfrage ist statistisch nicht repräsentativ, zeigt aber deutlich, wo die grössten wahrgenommenen Probleme in der Branche liegen.

Belästigung und Mobbing sind weit verbreitet

Die Ergebnisse der Umfrage bezüglich Mobbing und sexueller Belästigung sind erschreckend. 42 Prozent der Befragten gaben an, dass sie auf der Arbeit schon Opfer von Mobbing geworden sind. Und 27 Prozent haben sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt.
 

«Wurdest du auf der Arbeit schon Opfer von Mobbing?»

 

«Wurdest du auf der Arbeit schon Opfer von sexueller Belästigung (Versenden von Bildern mit sexuellem Inhalt, sexistische oder anzügliche Sprüche, unerwünschte Körperkontakte, usw.)?»

Kaum Hilfe bei Belästigung

In drei Viertel der Fälle von Belästigung oder Mobbing war der Täter entweder der Vorgesetzte (37 Prozent) oder ein:e Arbeitskolleg:in (39 Prozent). Besonders schlimm: Nur knapp jede vierte Person, die Belästigung oder Mobbing ausgesetzt war, hat Unterstützung von ihrem Chef erhalten (23 Prozent).
 

«Falls ja, wer war der/die Täter:in?»

 

«Hat dein Chef dich im Fall von Belästigung oder Mobbing verteidigt oder dir geholfen?»

Arbeitsplanung oft zu kurzfristig

Besonders schlecht schneiden die Arbeitgeber des Gastgewerbes laut der Umfrage bei der Arbeitsplanung und den Arbeitszeiten ab.

Nur ein Drittel (33 Prozent) erhält die Arbeitsplanung immer zwei Wochen im Voraus, wie es im Gesetz und Gesamtarbeitsvertrag vorgeschrieben ist.

Ein Viertel (23 Prozent) erhält «manchmal» kurzfristiger die Einsätze, ganze 40 Prozent «meistens», während 4 Prozent sowieso meist auf Abruf arbeiten.
 

«Erhältst du deine Arbeitsplanung immer zwei Wochen im Voraus?»

Pausen und freie Tage gestrichen

Zwei Drittel der Befragten (65 Prozent) berichten, dass ihnen manchmal die Pausen oder sogar freie Tage gestrichen werden, wenn viel Arbeit anfällt.

Und rund drei Viertel werden permanent (23 Prozent) oder ab und zu (50 Prozent) während ihrer Freizeit vom Chef kontaktiert.


«Werden deine Pausenzeiten und Ruhetage eingehalten?»


«Wirst du wiederholt ausserhalb der Arbeitszeit gestört mit Nachrichten, SMS oder Aufforderungen von der Arbeit?»

Die Löhne sind ungenügend

Grosse Unzufriedenheit drücken die Beschäftigten auch mit ihren Löhnen aus.

83 Prozent finden, dass ihr Lohn absolut zu tief ist (40 Prozent) oder dass sie für ihre Leistung mehr verdienen würden (43 Prozent).


«Bist du zufrieden mit deinem Lohn?»

Fast ein Drittel (30 Prozent) gibt an, dass nicht alle Arbeitsstunden bezahlt werden, während 22 Prozent dies nicht wissen oder nicht kontrollieren können.


«Werden alle deine Arbeitsstunden bezahlt?»

Lohnungleichheit bleibt ein Problem

Auch bei der Lohngleichheit gibt es ein Problem mit der Transparenz.

Während 21 Prozent sagen, in ihrem Betrieb verdienten Frauen weniger als Männer, gibt eine Mehrheit von 56 Prozent an, dass sie dies nicht wisse oder nicht überprüfen könne.

Nur 23 Prozent sagen, es gebe in ihrem Betrieb keinen Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern.


«Verdienen Frauen in deinem Betrieb gleich viel wie Männer?»

Vorschläge für Verbesserungen liegen auf dem Tisch

Für die Unia ist klar, dass es im Gastgewerbe rasche Verbesserungen braucht.

Die Vorschläge dazu liegen auf dem Tisch: Im Februar 2023 hat die Gewerkschaft ein Manifest der Beschäftigten im Gastgewerbe mit über 10'000 Unterschriften an den Arbeitgeberverband Gastrosuisse überreicht.

Darin fordern die Beschäftigten unter anderem bessere Löhne, eine rechtzeitige Arbeitsplanung, die Bezahlung aller geplanten Stunden, ein Recht auf Nichterreichbarkeit ausserhalb der Arbeitszeit und effektive Massnahmen gegen Belästigung und Mobbing.