Ältere Arbeitnehmende

In der Schweiz sind Arbeitnehmende ab 50 Jahren am stärksten von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen. Dieses gesellschaftliche Problem betrifft viele Menschen und verschärft sich zusehends. In diesem Alter ist es schwierig, eine neue Stelle zu finden und ein Stellenverlust kann dramatische Folgen haben. Die Unia setzt sich für einen besseren Schutz der älteren Arbeitnehmenden ein.
Mit der demographischen Alterung der Bevölkerung steigt auch die Zahl der älteren Arbeitnehmenden. Mit ihrer Erfahrung und ihrem Know-how leisten sie einen wichtigen Beitrag für das gute Funktionieren der Wirtschaft. Wird jedoch ein Arbeitsverhältnis aufgelöst, müssen über 50-jährige Personen eineinhalbmal länger eine Stelle suchen als Jüngere. Das hat mitunter gravierende Folgen, etwa wenn der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ausläuft. Der Anteil der Sozialhilfeempfänger in der Alterskategorie 50-64 Jahre hat sich zwischen 2011 und 2017 von 2,5% auf 3,2% erhöht – eine Zunahme von 28%! Sind ältere Menschen einmal in der Sozialhilfe gelandet, ist ein Wiedereinstieg ins Arbeitsleben schwierig, selbst wenn sie besser ausgebildet sind als jüngere Leute.
Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt
Ältere Arbeitnehmende werden von den Arbeitgebern häufig diskriminiert und sind Opfer von Vorurteilen. Manche werden sogar kurz vor der Pensionierung entlassen. Gründe dafür sind höhere Löhne aufgrund ihrer Berufserfahrung, höheren Pensionskassenbeiträge oder gar eine angeschlagene Gesundheit als Folge der langjährigen Berufstätigkeit. In einzelnen Fällen werden sie aussortiert, weil ihre Qualifikationen nicht mehr den Bedürfnissen des Unternehmens entsprechen.
Arbeiten ist ein Recht
Ein solche Situation ist nicht akzeptabel. Jede und jeder soll Zugang zu einer Arbeit haben, die den Lebensunterhalt sichert. Das Recht, bis zur Pensionierung arbeiten und die berufliche Laufbahn in Würde abschliessen zu können, muss anerkannt werden. Auch sollten die spezifischen Bedürfnisse von älteren Arbeitnehmenden besser berücksichtigt werden, gerade was die Zuweisung von körperlich anstrengenden Arbeiten anbelangt.
Die Unia setzt sich für ältere Arbeitnehmende ein
Die Unia setzt sich für einen besseren Schutz der älteren Arbeitnehmenden ein. Über die Gesamtarbeitsverträge (GAV) konnte die Gewerkschaft in diversen Branchen konkrete Verbesserungen erzielen. Der Schwerpunkt liegt beim Kündigungsschutz, bei Lösungen für die vorzeitige Pensionierung sowie Weiterbildungsmassnahmen. Im Fall von Betriebsschliessungen und Verhandlungen für einen Sozialplan stehen Massnahmen für ältere Arbeitnehmende im Zentrum.
Schutz in den Gesamtarbeitsverträgen
Die wichtigsten Verbesserungen für ältere Arbeitnehmende, welche die Unia in den Gesamtarbeitsverträgen erreichen konnte:
GAV / Branche | Schutzmassnahmen |
Ausbaugewerbe der Westschweiz |
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Bauhauptgewerbe |
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Maschinenindustrie MEM |
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Poliere Baugewerbe |
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Landschaftsgärtner |
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Gerüstbau | Vorzeitige Pensionierung ab 58 Jahren |
Maler und Gipser | Deutschschweiz, Jura und Berner Jura: Vorzeitige Pensionierung mit 63 Jahren (Männer) bzw. 62 Jahren (Frauen) |
Gebäudehüllengewerbe |
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Coop |
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Private Sicherheitsdienste | GAV Securitas: Massnahmen zur Verkürzung der jährlichen Arbeitszeit um 1%, kumulierbar ab dem 60. Altersjahr |
Gastgewerbe | Flexible Pensionierung bis zu 5 Jahre vor dem ordentlichen Rentenalter |
Weiterbildung
Durch die Digitalisierung und den technischen Wandel ist die Arbeitswelt in ständigem Umbruch. Weiterbildung ist daher eine besonders wichtige Voraussetzung zur Beibehaltung oder zum Finden einer Stelle. Die Unia wirkt in zahlreichen Bildungsstrukturen mit, die das ganze Jahr über in zahlreichen Branchen Kurse anbieten. Der Weiterbildungsanspruch ist in den meisten GAV durch bezahlte Weiterbildungstage verankert.
Vorzeitige Pensionierung
In gewissen Berufen ist es aufgrund der körperlich belastenden Arbeit praktisch unmöglich, bis zum ordentlichen Pensionierungsalter zu arbeiten. Das Recht auf eine vorzeitige Pensionierung bewahrt die Arbeitnehmenden am Schluss ihrer Berufskarriere vor der Arbeitslosigkeit oder Sozialhilfe. Die Unia ist bestrebt, in möglichst vielen Branchen solche Möglichkeiten zu schaffen, so wie im Bauhauptgewerbe, wo sich der vorzeitige Altersrücktritt mit 60 Jahren bewährt hat.
Bund bewegt sich in die richtige Richtung
Neben den Verbesserungen in den Branchen muss der Schutz aller älteren Arbeitnehmenden, unabhängig von ihrem Beruf, ausgebaut werden. Im Mai 2019 hat der Bundesrat unter dem Druck der Gewerkschaften mehrere Massnahmen beschlossen:
- Schaffung einer Überbrückungsrente für ausgesteuerte Arbeitslose über 60 Jahre
- Bessere Berücksichtigung der Berufserfahrung von Erwachsenen durch Zertifizierung von Bildungsleistungen
- Durchführung von kantonalen Pilotprojekten zur Unterstützung von Standortbestimmungen und Laufbahnberatungen für Erwachsene über 40 Jahre
- Stärkung von RAV-Programmen, die auf die Arbeitsmarktintegration von älteren Arbeitnehmenden abzielen
- Erleichterter Zugang zu Bildungs- und Beschäftigungsmassnahmen
Diese Entscheidungen gehen in die richtige Richtung, bleiben aber ungenügend. Die Überbrückungsrente müsste bereits ab 55 Jahren zur Anwendung kommen und die älteren Arbeitnehmenden brauchen einen besseren Kündigungsschutz. Jegliche Erhöhung des ordentlichen Rentenalters muss verhindert werden, denn dies würde zu mehr ausgesteuerten Arbeitslosen und Sozialhilfeabhängigen führen.